Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollständige Herstellerangaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff des "Namens des Herstellers" in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG ist nicht notwendig im handelsrechtlichen Sinn auszulegen, sondern am Schutzzweck des ProdSG. Soweit die Angaben die Herstelleridentifizierung nicht erschweren, kann es ausreichen, eine geschäftliche Bezeichnung des Herstellers, die neben der Firma verwendet wird (hier: e. K.), anzugeben.
Normenkette
ProdSG §§ 3, 6
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 21.02.2020; Aktenzeichen 2-6 O 51/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Beschwerdewert: 14.000,- EUR
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Gründe
1. Das Landgericht hat den Eilantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner keinen Anspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 3a UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG, 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 MarkenG auf Unterlassung des angegriffenen Produktangebots. Die Antragstellerin wirft dem Antragsgegner zu Unrecht vor, das bei dem Testkauf erworbene Blechschild weise die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG erforderlichen Herstellerangaben nur unvollständig bzw. fehlerhaft auf.
a) Die in § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 ProdSG enthaltenen Bestimmungen dienen dem Schutz der Verbraucher, die davor bewahrt werden sollen, mit unsicheren Produkten in Berührung zu kommen, und stellen damit Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG dar (BGH, Urteil vom 12.1.2017 - I ZR 258/15 - Rn. 24 - Motivkontaktlinsen).
b) Die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG geregelte Pflicht zur Angabe des Namens und der Kontaktanschrift trifft allein den Hersteller, seinen Bevollmächtigten und den Einführer. Sie trifft grundsätzlich nicht den Antragsgegner als Händler (BGH, aaO, Rn. 18). Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG hat der Händler jedoch dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden. Er darf nach § 6 Abs. 5 Satz 2 ProdSG insbesondere kein Verbraucherprodukt auf dem Markt bereitstellen, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht den Anforderungen nach § 3 ProdSG entspricht. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 ProdSG darf ein Produkt nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet. Bei der Angabe des Namens und der Kontaktanschrift des Herstellers handelt es sich um Angaben, die für die Sicherheit der Verbraucherprodukte von Bedeutung sind (BGH, aaO, Rn. 23, 26, 28).
c) Das angegriffene Produkt weist auf der Rückseite einen Aufkleber auf, der unter der logoartig gestalteten Bezeichnung "A.com" eine Adresse, eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse aufführt (Anlagen BRP3, 4). Diese Angaben sind ausreichend. Die Antragstellerin rügt ohne Erfolg, bei "A.com" handele es sich nicht um den Herstellernamen, sondern um eine Domain. Laut Impressum trete der Inhaber B unter der Firma "A" auf. Es fehle auch der Rechtsformzusatz "e. K." Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, ist der Begriff des "Namens des Herstellers" in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG nicht notwendig im handelsrechtlichen Sinn auszulegen, sondern am Schutzzweck des ProdSG. Die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG vorgesehenen Angaben haben den Zweck, die Hersteller in den Stand zu setzen, die zur Vermeidung etwaiger von den Produkten ausgehender Gefahren zweckmäßigen Vorkehrungen zu treffen, erforderlichenfalls einschließlich der Rücknahme vom Markt, der angemessenen und wirksamen Warnung der Verbraucher und des Rückrufs beim Verbraucher (BGH, aaO, Rn. 32). Der genannte Aufklebertext erfüllt diesen Zweck. Die Gestaltung des Aufklebers deutet klar darauf hin, dass mit "A.com" das Herstellerunternehmen bezeichnet werden soll, nicht lediglich eine Internetseite. Es handelt sich offensichtlich um eine geschäftliche Bezeichnung, die neben der Firma verwendet wird. Der auf eine Domain hinweisende Zusatz ist insoweit unschädlich. Er erschwert die Herstelleridentifizierung nicht.
d) Im Übrigen dürfen die den Händler treffenden Pflichten nicht überspannt werden. Der Händler muss nur von einem Angebot eines Produkts absehen, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es den Sicherheitsanforderungen nicht entspricht. Zwar kann er sich nicht mit Erfolg auf einen Rechtsirrtum berufen, da der Unterlassungsanspruch verschuldensunabhängig ist (BGH, aaO Rn. 36). Zu dem zu unterstellenden "Wissen" rechnet daher auch die Rechtkenntnis. In tatsächlicher Hinsicht ist die Prüfungspflicht jedoch auf die vorhandenen Informationen, das Erfahrungswissen und das Kennenmüssen beschränkt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner von einer abweichenden Firma und der Rechtsform des Herstellers Ken...