Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen zur Auslegung unionsrechtlicher Regelungen über das Verbraucherwiderrufsrecht bei Beförderungsverträgen Verfahrensgang
Leitsatz (amtlich)
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gem. Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt: 1.) Ist Art. 2 Nr. 6 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher dahingehend auszulegen, dass er auch Verträge erfasst, mittels derer der Unternehmer nicht unmittelbar zur Erbringung einer Dienstleistung verpflichtet wird, sondern der Verbraucher das Recht erwirbt, bei künftig beauftragten Dienstleistungen einen Rabatt zu erhalten? falls Frage 1.) bejaht wird: 2.) Ist die Bereichsausnahme für "Verträge über die Beförderung von Personen" in Art. 3 III k) der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher dahingehend auszulegen, dass sie auch auf Sachverhalte Anwendung findet, in denen der Verbraucher als Gegenleistung nicht unmittelbar eine Beförderungsleistung erhält, sondern vielmehr das Recht erhält, bei künftig abzuschließenden Beförderungsverträgen einen Rabatt zu erhalten?
Normenkette
AEUV Art. 267; EURL 83/2011 Art. 2 Nr. 6, Art. 3 Abs. 3 Buchst. k
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 06.07.2017; Aktenzeichen 2-3 O 389/16) |
Tenor
I. Der Rechtsstreit wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gem. Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt:
1.) Ist Art. 2 Nr. 6 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher dahingehend auszulegen, dass er auch Verträge erfasst, mittels derer der Unternehmer nicht unmittelbar zur Erbringung einer Dienstleistung verpflichtet wird, sondern der Verbraucher das Recht erwirbt, bei künftig beauftragten Dienstleistungen einen Rabatt zu erhalten ?
falls Frage 1.) bejaht wird:
2.) Ist die Bereichsausnahme für "Verträge über die Beförderung von Personen" in Art. 3 III k) der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher dahingehend auszulegen, dass sie auch auf Sachverhalte Anwendung findet, in denen der Verbraucher als Gegenleistung nicht unmittelbar eine Beförderungsleistung erhält, sondern vielmehr das Recht erhält, bei künftig abzuschließenden Beförderungsverträgen einen Rabatt zu erhalten ?
Gründe
Parteien des Ausgangssrechtsstreits
Der Kläger ist ein Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, für die Interessen der Konsumenten einzutreten. Er ist gemäß § 3 I Nr. 1 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) klagebefugt. Er ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.
Die Beklagte ist innerhalb des Konzerns der Deutschen Bahn AG für den Vertrieb der von der DB Fernverkehr angebotenen Beförderungsleistungen im Personenschienenverkehr zuständig.
Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits und maßgeblicher Sachverhalt
Das Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. Artikel 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) betrifft die Auslegung der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher.
Das Ersuchen ergeht im Rahmen eines Zivilrechtsstreits zwischen den Parteien, mit dem das vorlegende Gericht als zweite Instanz befasst ist.
Die Beklagte bietet als Vermittlerin das Produkt "BahnCard 25" bzw. "BahnCard 50" an, mit denen der Kunde einen bestimmten Preisnachlass auf die Fahrscheine der DB Fernverkehr AG erhalten kann. Unter der Internetpräsenz www.bahn.de bietet die Beklagte die Möglichkeit an, die "BahnCard 25" zu bestellen; der Erwerb der "BahnCard"-Produkte ist jedoch auch im stationären Vertrieb möglich. Eine Belehrung über ein Widerrufsrecht im Fernabsatzgeschäft enthält der Bestellprozess auf der Internetseite der Beklagten nicht.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Unterlassung, im Rahmen geschäftlicher Handlungen Verbrauchern im Internet die Bestellung für die "BahnCard 25" anzubieten bzw. anbieten zu lassen, ohne den Verbrauchern vor deren Vertragserklärung Informationen über das Widerrufsrecht und das Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen. Er sieht es als unlauter an, dass die Beklagte entgegen ihren gesetzlichen Verpflichtungen beim Verkauf der BahnCard nicht über das Bestehen eines Widerrufsrechts belehrt und kein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung stellt.
Das erstinstanzliche Gericht hat mit Urteil vom 06.07.2017 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar ein Verbrauchervertrag im Sinne von § 312 BGB vorliege, jedoch die Bereichsausnahme des § 312 II Nr. 5 BGB bzw. Art. 3 III k) RL 2011/83/EU einschlägig sei; es handele sich um einen Vertrag über die "Beförderung von Personen". Zwar erwe...