Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Wiedereinsetzung bei fehlender eigener Prüfung des Anwalts, ob Rechtsmittelgericht richtig bezeichnet

 

Normenkette

ZPO §§ 85, 233, 236

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19.11.2021; Aktenzeichen 2/21 O 293/17)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 19.11.2021 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2-21 O 293/17) wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 236.785,71 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten Maklerlohn.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 19.11.2021 (Bl. 560 - 569 d.A.) abgewiesen. Wegen der Details der Begründung seiner Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das am 29.11.2021 zugestellte Urteil (Empfangsbekenntnis Blatt 584 d.A.) hat der Kläger am mit Schriftsatz vom 28.12.2021, gerichtet an das Landgericht Frankfurt am Main, Berufung eingelegt. Das Landgericht Frankfurt am Main verfügte unter dem 30.12.2021 die Weiterleitung des Berufungsschriftsatzes an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, wo der Berufungsschriftsatz am 03.01.2022 einging (Bl. 589, 590 d.A.). Mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 04.01.2022, dem vormaligen Klägervertreter zugestellt am 10.01.2022 (Bl. 594 d.A.) wies der Senat auf Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Berufungsfrist hin. Mit Schriftsatz vom 11.01.2022, bei Gericht eingegangen am 12.01.2022, beantragte der Kläger durch seinen vormaligen Klägervertreter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Berufungsfrist.

Der Kläger beantragt,

ihm wegen Versäumung der Berufungseinlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurückzuweisen und die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 03.03.2022 (Bl. 666 - 668 Rückseite d. A.), auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, auf die Unzulässigkeit der Berufung wegen Versäumnis der Berufungseinlegungsfrist und Zurückweisung des begehrten Wiedereinsetzungsantrages hingewiesen und dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 03.04.2022 eingeräumt. Auf Antrag des Klägers hat der Senat die Frist zur Stellungnahme bis zum 08.04.2022 verlängert. Der Kläger hat Stellung genommen mit Schriftsatz vom 07.04.2022 (Bl. 676 ff. d.A.).

II. Die Berufung ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt wurde und auch dem Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben war.

Durch Beschluss vom 03.03.2022 hat der Senat die Parteien auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen. Er hat dabei insbesondere dargelegt, warum er die Berufung für unzulässig erachtet. An dieser Auffassung und den dafür benannten Gründen hat sich nichts geändert. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird daher zunächst auf die Gründe des Senatsbeschlusses vom 03.03.2022 verwiesen (Leseabschrift Bl. 666 ff dA).

Die für den Kläger daraufhin im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 07.04.2022 abgegebene Stellungnahme führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Ausführungen der Klägervertreter im Schriftsatz vom 07.04.2022 gehen an der Sache vorbei. Dort setzen sie sich mit den Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht zur Einhaltung von Fristen dergestalt auseinander, als es um die rechtzeitige Absendung und Ausgangskontrolle von Schriftsätzen geht. Vorliegend war indes keine zeitliche Verzögerung im Hinblick auf eine etwa unterlassene Fristen- und Ausgangskontrolle ursächlich für die Versäumnis der Berufungseinlegungsfrist, sondern die inhaltlich fehlerhafte Adressierung des Schriftsatzes an ein unzuständiges Gericht. Wie bereits im Hinweisbeschluss vom 03.03.2022 ausführlich dargelegt, ist die inhaltliche Kontrolle ausgehender Schriftsätze, gerade wenn sie der Wahrung von Fristen dienen, originäre Aufgabe des Anwaltes und kann nicht delegiert werden. Hieran ändert auch die Einführung der verpflichtenden Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfaches zum 01.01.2022 nichts. Zum einen war diese im entscheidenden Zeitpunkt (noch) nicht verpflichtend. Zum anderen werden durch die verpflichtende Nutzung des beA auch seit dem 01.01.2022 die Anforderungen an die anwaltlichen Sorgfaltspflichten nicht tangiert. Es oblag und obliegt weiterhin dem Anwalt, Rechtsmittelschriften auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu kontrollieren, wenn deren Entwurf Büropersonal überlassen wird. Warum die verpflichtende Einführung der Nutzung des beA zum 01.01.2022 die Sorgfaltsanforderungen an eine anwaltliche Tätigkeit zu Lasten der Mandantschaft aufweichen soll, erschließt sich dem Senat nicht. Zwar mag die Nutzung des beA...

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