Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen eines - letztlich von Amts wegen eingeleiteten - Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB bedarf es einer gerichtlichen Sachentscheidung, die auch darin bestehen kann, dass keine Veranlassung besteht, die Ausgangsentscheidung zu ändern.

 

Normenkette

BGB § 1696; FamFG § 166

 

Verfahrensgang

AG Wetzlar (Beschluss vom 16.03.2012; Aktenzeichen 617 F 664/11)

 

Tenor

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass keine Veranlassung besteht, den Beschluss des AG - Familiengerichts - Usingen vom 27.1.2010 - 4 F 201/08 SO, zu ändern.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Beschwerdewert: Euro 3.000,00

 

Gründe

1. Die Kindesmutter verfolgt in der Beschwerdeinstanz ihr Begehr fort, den im Tenor genannten Beschluss des AG Usingen - zu ihren Gunsten - abzuändern.

Am 1.10.2005 gebar die unverheiratete Kindesmutter den Sohn ... Die Vaterschaft erkannte im Folgenden mit Zustimmung der Kindesmutter der Kindesvater an. Übereinstimmende Sorgeerklärungen wurden nicht abgegeben.

Seit dem Jahr 2008 führte das AG Usingen zu Az. 4 F 201/08 ein Sorgerechtsverfahren, welches - nach Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens - mit Beschluss vom 27.1.2010 dergestalt endete, dass der Kindesmutter wegen vermutlich vorliegender narzisstischer Persönlichkeitsstörung das Sorgerecht gem. § 1666 BGB entzogen und nach § 1680 BGB auf den Kindesvater übertragen wurde. Diese Entscheidung wurde zwar von der Kindesmutter zu Az. 3 UF 77/10 des OLG Frankfurt angefochten; die Kindesmutter nahm die Beschwerde indes am 1.10.2010 zurück. Zu diesem Zeitpunkt lebte ... beim Vater, dieser räumte der Mutter ein Umgangsrecht ein.

Anfang März 2011 überließ der Kindesvater der Kindesmutter die tatsächliche Betreuung ..., bemühte sich aber parallel, eine Pflegefamilie für ... zu finden.

Am 8.6.2011 holte der Kindesvater das Kind vom Kindergarten ab und übergab es im Folgenden - unter Vermittlung des Jugendamtes - in die Obhut einer Pflegefamilie in ..., in der ... seither lebt.

Am 16.6.2011 regte die Kindesmutter die Einleitung eines Verfahrens zur Abänderung des Beschluss des AG Usingen vom 27.1.2008 an, was das AG Wetzlar zum Anlass nahm, sowohl das hiesige Hauptsache- als auch ein einstweiliges Anordnungsverfahren zu Az. 616 F 594/11 EASO einzuleiten; letzteres endete mit einem ablehnenden Beschluss vom 1.7.2011.

In der Hauptsache ordnete das Familiengericht - nach Anhörung der Beteiligten und Bestellung eines Verfahrensbeistandes - die Beweiserhebung durch Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens an; dessen Einholung scheiterte indes an der - auch im Beschwerdeverfahren wiederholten - Ablehnung der Kindesmutter zur Mitwirkung. Mit Senatsbeschluss vom 8.11.2012 wurde die Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen dem Berichterstatter des Senats übertragen, der am 12.12.2012 die Verfahrensbeteiligten persönlich anhörte und die Zeugin ... einvernahm. Wegen des Ergebnisses dieser Ermittlungen wird auf das Terminsprotokoll vom 12.12.2012, Bl. 367 ff. d.A., Bezug genommen.

2. Die zulässige, §§ 58 ff. FamFG, Beschwerde der Kindesmutter war mit der tenorierten Maßgabe zurückzuweisen, da weder die Gefahr für das Kindeswohl, die der Entscheidung des AG Usingen vom 27.1.2008 zugrunde lag, nicht mehr besteht noch die Erforderlichkeit dieser Maßnahme entfallen ist, §§ 166 Abs. 2 FamFG, 1696 Abs. 2 BGB.

Es war lediglich der Tenor der angefochtenen Entscheidung in diesem Sinne klarzustellen, da solche Verfahren mangels Antragsrechts einer Person keine Antragsverfahren i.S.v. § 23 FamFG sind (zu diesem allgemeinen Grundsatz: Keidel-Sternal, § 24 FamFG, Rz. 3 m.w.N.), also auch keine Antragszurückweisung in Betracht kommt, sondern es sich vielmehr um Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt (Palandt/Diederichsen, § 1696 BGB Rz. 24; Keidel-Engelhardt, § 166 FamFG, Rz. 2), so dass die instanzabschließende Endentscheidung eine inhaltliche Sachentscheidung zu sein hat (für das insofern identische Umgangsverfahren: BGH NJW 1994, 312; OLG Celle NJW-RR 1990, 1290 f. mit vielen weiteren Nachweisen). Diese kann auch darin bestehen, festzustellen, dass Gründe für eine Änderung des status quo nicht vorliegen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschl. v. 20.6.2011 - 4 UF 165/11).

Vorliegend konnte der Senat nicht zu der Überzeugungsbildung gelangen, es hätte sich die in der Ausgangsentscheidung der Kindesmutter zugeschriebene, die Kindeswohlgefahr erzeugende Persönlichkeitsstörung nachhaltig gebessert. Insofern war die Aussage der hierzu einvernommenen Zeugin ... - Psychotherapeutin der Kindesmutter - nicht hinreichend ergiebig. Die Zeugin hat zwar ausgeführt, die Kindesmutter sei in den vergangenen Monaten bereit gewesen, an sich zu arbeiten, stellte aber gleichzeitig heraus, dass vorrangiger Inhalt der von ihr mit der Kindesmutter durchgeführten Therapie die Verarbeitung der von der Mutter mit der Übergabe des Kindes in eine Pflegefa...

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