Leitsatz (amtlich)

›Ein selbstständiges Beweisverfahren ist zulässig, wenn es sich gegen einen Sachverständigen richtet, der in einem Verfahren zwischen dem jetzigen Antragsteller und einem Dritten ein Gutachten erstattet hat und der jetzige Antragsteller durch einen neuen Sachverständigen den bereits begutachteten Zustand einer Sache erneut begutachten lassen will.‹

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Entscheidung vom 01.11.2002; Aktenzeichen 4 OH 26/02)

 

Gründe

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks ..... 2 a in Steinau-Bellings. In einem Prozess vor dem Amtsgericht Schlüchtern - Az.: C 764/96 - nahm er den Eigentümer des Nachbargrundstücks .....2 wegen der Beseitigung von Vertiefungen auf dessen Grundstück in Anspruch. Er befürchtete, dass durch die Abgrabung sein höhergelegenes Grundstück, vor allem eine dort befindliche Florsteinwand, die Stütze verlieren könnte. In dem dortigen Verfahren ordnete das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Mit der Erstattung des Gutachtens wurde der jetzige Antragsgegner beauftragt. Dieser erklärte in seinem Gutachten, dass die vom Antragsteller behauptete Befürchtung, sein Grundstück könnte abrutschen und die Florsteinwand könnte ihre Stütze verlieren, unbegründet sei.

Nunmehr beabsichtigt der Antragsteller zur Vorbereitung eines gegen den Antragsgegner gerichteten Schadensersatzprozesses, gestützt auf § 839a BGB, in einem Beweissicherungsverfahren ein neuerliches Sachverständigengutachten einzuholen. Auf Hinweis des Landgerichts Hanau hat er den zunächst gestellten Antrag:

Entgegen dem Gutachten, das der Antragsgegner am 05.11.1999 im Rechtsstreit - C 764/96 - des Amtsgerichts Schlüchtern erstattet hat, wird die natürliche Bodenerosion im Laufe der Zeit dazu führen, dass das Erdreich vom Grundstück .....2 a im Grenzbereich zum Grundstück ......2 der Gemarkung Steinau-Bellings mit samt der dort befindlichen Florwallsteinwand abdriftet, sich zum Grundstück ........2 hin verschiebt, die Florwallsteinwand zerstört wird und weiteres Erdreich unkontrolliert in Abhängigkeit von Witterungseinflüssen auf das Grundstück ...... 2 vom Grundstück ....2 a her hinunterwandert, geändert und anschließend beantragt:

Die natürliche Bodenerosion wird im Laufe der Zeit dazu führen, dass das Erdreich vom Grundstück ........2 a in 36396 Steinau-Bellings im Grenzbereich zum Grundstück ......2 der Gemarkung Steinau-Bellings mitsamt der dort befindlichen Florwallsteinwand abdriftet, sich zum Grundstück .....2 hin verschiebt, die Florwallsteinwand zerstört wird und weiteres Erdreich unkontrolliert in Abhängigkeit von Witterungseinflüssen auf das Grundstück ......... 2 vom Grundstück 2 a her hinunterwandert.

Mit dem angegriffenen Beschluss vom 01. November 2002 hat das Landgericht den Antrag abgelehnt. Es hat dazu ausgeführt, der vom Antragsteller gestellte Antrag sei unzulässig. Ihm fehle die Bezugnahme auf das in dem Rechtsstreit zwischen dem Antragsteller und seinem Nachbarn von dem jetzigen Antragsgegner erstellte konkrete Gutachten. Im Verhältnis der Parteien des Beweisverfahrens gehe es nicht um den Zustand des Grundstücks, sondern um das Ergebnis der Begutachtung durch den Antragsgegner.

Gegen den ablehnenden Beschluss des Landgerichts Hanau wendet sich der Antragsteller.

Er behauptet, das Gutachten des Antragsgegners, das dieser in dem Verfahren vor dem Amtsgericht in Schlüchtern erstattet habe, sei grob fahrlässig erstattet worden. Er meint, deshalb hafte ihm der Antragsgegner nach § 839 a BGB. Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Dem Antragsteller wurde der Beschluss des Landgerichts am 15. November 2002 zugestellt (Bl. 26 d.A.). Hiergegen hat er am 28. November 2002 Beschwerde eingelegt (Bl. 27 d.A.). Das Landgericht Hanau hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2002 (Bl. 30 d.A.) der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die zulässige Beschwerde (§ 567 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ist in der Sache auch begründet.

Der Antragsteller begehrt die Begutachtung über den Zustand einer Sache. Er will von einem neuen Sachverständigen festgestellt wissen, dass das Grundstück ..........2 a durch Abgrabungen eine Gefahr für sein Grundstück darstelle, da zu befürchten sei, dass Boden abwandern werde, und dass eine vorhandene Florsteinwand ihre Stütze verlieren könnte. Dieses Begehren betrifft den Zustand einer Sache (§ 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Vorliegend hat der Antragsteller auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung, da durch das Abgraben eines tiefergelegenen Grundstücks durchaus Boden von einem höhergelegenen Grundstück abwandern oder abbrechen kann. Im übrigen ist die Voraussetzung des rechtlichen Interesses im Rahmen des § 485 ZPO weit auszulegen (s. Hartmann bei Baumbach, 61. Aufl. 2003, Anm. 8 zu § 485 m. w. N.).

Der Antragsteller begehrt die Beweissicherung, um einen sonst erforderlichen Rechtsstreit gegen den Antragsgegner zu vermeiden.

Zwar liegt ein Sachverständigengutachten im Verfahren vor dem Amtsgericht Schlüchtern - Az.: C 764/...

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