Leitsatz (amtlich)
Der bei einem örtlich unzuständigen Gericht eingereichte Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens ist auch nach dem vor In-Kraft-Treten des SpruchG geltenden alten Verfahrensrecht nur dann rechtzeitig, wenn er nach Abgabe noch rechtzeitig vor Fristablauf bei dem zuständigen LG eingeht.
Normenkette
AktG a.F. § 306 Abs. 3, § 327 f
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 25.02.2004; Aktenzeichen 3-5 O 12/04) |
Tenor
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Gegenstandswert für das landgerichtliche Verfahren auf 10.000 EUR festgesetzt wird.
Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 200.000 EUR.
Gründe
I. Die Hauptversammlung der ... AG beschloss am 22.5.2003 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin. Der Squeeze-out-Beschluss wurde am 17.7.2003 in das Handelsregister eingetragen; die Eintragung wurde durch das Registergericht am 16.8.2003 in der Offenbach Post, am 9.9.2003 im Handelsblatt und am 13.9.2003 im schriftlichen Bundesanzeiger bekannt gemacht. Bereits am 22.7.2003 hatte der Vorstand der Antragsgegnerin die Beschlussfassung und deren Eintragung in das Handelsregister im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht.
Der dem zuständigen LG Frankfurt am Main ging am 21.7.2003 der erste Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens zur gerichtlichen Feststellung der Angemessenheit der Barabfindung ein. Weitere Anträge folgten in der Zeit vom 28.7. bis 27.10.2003. Auf Veranlassung des Kammervorsitzenden wurde am 4.11.2003 im Bundesanzeiger die Antragstellung unter Hinweis auf die Möglichkeit der Einreichung von Folgeanträgen binnen zwei Monaten nach §§ 327f Abs. 2 S. 3, 306 Abs. 3 und 4 AktG a.F. veröffentlicht. Daraufhin gingen in der Zeit vom 6.11.2003 bis 5.1.2004 mehrere Folgeanträge beim LG Frankfurt am Main ein.
Die Antragstellerin stellte am 15.12.2003 beim LG München I Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens. Dieses Gericht gab das Verfahren mit Beschluss vom 22.1.2004 an das örtlich zuständige LG Frankfurt am Main ab, wo die Akte am 28.1.2004 einging. Das LG wies den Antrag mit Beschluss vom 25.2.2004 als unzulässig zurück und setzte den Geschäftswert auf 200.000 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, sowohl nach altem als auch nach neuem Recht sei die Frist für die Antragstellung nicht gewahrt worden.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 17.3.2004 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.
II. Da das Rechtsmittel nach dem Stichtag des 1.9.2003 eingelegt wurde, ist auf das vorliegende Beschwerdeverfahren das Gesetz über das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren (Spruchverfahrensgesetz-SpruchG) i.d.F. vom 12.6.2003 (BGBl. I, 838) anzuwenden (§ 17 Abs. 2 S. 2 SpruchG). Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde nach § 12 Abs. 1 SpruchG zulässig, es wurde insb. form- und fristgerecht eingelegt.
In der Sache führt die sofortige Beschwerde in der Hauptsache nicht zum Erfolg, weil das LG zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Antrag verspätet war.
Wie der Senat mit Beschluss vom 11.10.2005 (OLG Frankfurt, Beschl. v. 11.10.2005 - 20 W 149/04) entschieden hat, finden hier auf das erstinstanzliche Spruchverfahren nicht das neue Recht, sondern noch die bis zum 1.9.2003 geltenden Vorschriften des Aktiengesetzes und des Umwandlungsgesetzes Anwendung, da der erste Antrag auf Einleitung eines Spruchverfahrens vor dem 1.9.2003 bei dem LG Frankfurt am Main anhängig wurde und § 17 Abs. 2 S. 1 SpruchG nicht die Zulässigkeit des ersten Antrages bereits zum Zeitpunkt seines Eingangs bei Gericht fordert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung des Senatsbeschlusses 20 W 149/04 Bezug genommen.
Nach dem alten Verfahrensrecht für Spruchverfahren lief die Frist zur Stellung eines Folgeantrages gem. §§ 327f Abs. 3 S. 3, 306 Abs. 3 S. 2 AktG a.F. 2 Monate nach Bekanntmachung der Antragstellung durch das LG Frankfurt am Main mit dem 4.1.2004 ab. Diese Frist wurde durch die am 15.12.2003 erfolgte Antragstellung bei dem örtlich unzuständigen LG München nicht gewahrt. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der Antrag nach Abgabe noch vor Fristablauf bei dem örtlich zuständigen LG in Frankfurt am Main eingegangen wäre. Die Antragstellung bei dem unzuständigen LG in München vermag demgegenüber die Antragsfrist des § 306 Abs. 3 S. 2 AktG a.F. nicht zu wahren.
Der Senat folgt hierzu der ganz herrschenden Auffassung, die bereits vor In-Kraft-Treten des neuen SpruchG davon ausgeht, dass der bei einem örtlich unzuständigen Gericht innerhalb der Frist eingereichte Antrag in einem Spruchverfahren nur dann rechtzeitig ist, wenn er nach Abgabe noch vor Fristablauf bei dem zuständigen LG eingeht (KG, Beschl. v. 22.11.1999, KGReport Berlin 2000, 242 = AG 2000, 364 = ZIP 2000, 498; Kallmeyer/Meister/Klöcker, UmwG, 2. Aufl., § 305 Rz. 91; Lutter/Krieger, UmwG, 2. Aufl.,...