Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Frage der Zulässigkeit einer Aufrechnung im gerichtlichen Notarkostenverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist daran festzuhalten, dass es im gerichtlichen Verfahren nach den §§ 127 ff. GNotKG grundsätzlich zulässig ist, gegen den geltend gemachten Kostenanspruch mit materiell-rechtlichen Schadensersatzansprüchen gegen den Notar aus Amtspflichtverletzungen aufzurechnen, jedenfalls dann, wenn diese mit dem notariellen Geschäft in einem Zusammenhang.

 

Normenkette

BNotO § 19; GNotKG § 127

 

Verfahrensgang

LG Marburg (Entscheidung vom 19.12.2016; Aktenzeichen 3 OH 6/16)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren etwa entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 2.331,27 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin war Mitglied zweier Erbengemeinschaften nach ihren verstorbenen Großeltern. Die Mitglieder der Erbengemeinschaft waren unter anderem Miteigentümer des Grundstücks Straße1, Stadt1, auf denen sich zwei Gebäude befinden.

Der Antragsgegner war mit der Beurkundung eines das Grundstück betreffenden Erbauseinandersetzungsvertrages beauftragt. Dem waren Gespräche der Vertragsbeteiligten mit dem Sozius des Antragsgegners, A, vorausgegangen. Für ein Mitglied der Erbengemeinschaft, B, war eine gesetzliche Betreuung angeordnet, die sich zunächst auf die Aufgabenbereiche "Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, lnteressenwahrnehmung gegenüber Behörden und Einrichtungen, Wohnungsangelegenheiten, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post" beschränkte. Auf den Betreuerausweis vom 26.05.2009, Bl. 13 d. A., wird Bezug genommen.

Am 27.05.2015 beurkundete der Antragsgegner unter seiner UR-Nr.../2015 einen Teil-Erbauseinandersetzungsvertrag mit Ausgleichszahlungen an die Miterben. Dabei trat für B deren Betreuerin auf. Der Vertrag sah eine Übertragung von Miteigentumsanteilen an die Antragstellerin vor. Diese sollte Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 110.000,- EUR an die übertragenden Miterben leisten. Für den Miterben C trat die Mutter der Antragstellerin als vollmachtlose Vertreterin auf. Der Vertrag sah vor, dass die Kosten der Beurkundung und ihres Vollzuges von der Antragstellerin zu tragen waren. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Regelungen wird auf die Urkunde verwiesen (Bl. 7 ff. d. A.).

Eine Genehmigungserklärung des Vertretenen C erreichte die Antragstellerin am 16.06.2015, den Antragsgegner am 19.06.2015. Die Antragstellerin schloss am 18.06.2015 einen Darlehensvertrag über 114.000,- EUR ab, der für den Fall der Nichtabnahme der Darlehensvaluta die Zahlung einer Bereitstellungsprovision vorsah.

Der Antragsgegner forderte das Amtsgericht - Betreuungsgericht - Marburg am 24.06.2016 zur Erteilung einer Genehmigung der Vertragserklärung der Betreuerin auf. Mit Schreiben vom 13.07.2015, am folgenden Tag beim Antragsgegner eingegangen, wies das Betreuungsgericht darauf hin, dass eine Genehmigung nicht erteilt werden könne, weil die Betreuung nicht den Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfasse. Hiervon informierte der Antragsgegner die Betreuerin mit Schreiben vom 15.07.2015. Mit Schreiben vom 16.09.2015 wurde dem Antragsgegner mitgeteilt, dass der Aufgabenkreis der Betreuung mit Beschluss vom 16.09.2015 auf die Vermögenssorge erweitert worden war. Mit Schreiben vom 21.09.2015 forderte der Antragsgegner die Betreuerin auf, den Vertrag vom 27.05.2015 zu genehmigen. Eine solche Genehmigung erteilte die Betreuerin der B am 28.09.2015.

Am 05.10.2015 stellte der Antragsgegner sodann erneut den Antrag auf Erteilung einer Genehmigung der Betreuererklärung durch das Betreuungsgericht. Eine solche wurde am 22.10.2015 erteilt. Am 16.11.2015 ging eine mit einem Rechtskraftvermerk vom 11.11.2015 versehene Ausfertigung des genehmigenden Beschlusses beim Antragsgegner ein. Am 17.11.2015 beantragte der Antragsgegner die Eintragung einer Vormerkung zu Gunsten der Antragstellerin. Die Eintragung der Vormerkung erfolgte am 24.11.2015. Mit Schreiben vom gleichen Tag forderte der Antragsgegner die Betreuerin und das Betreuungsgericht auf, zu bestätigen, dass die Betreuerin zum Zeitpunkt der Eintragung der Vormerkung noch als Betreuerin amtierte. Die entsprechenden Bestätigungen erreichten den Antragsgegner am 07.12.2015 bzw. am 16.12.2015. Am 16.12.2016 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin eine Fälligkeitsmitteilung betreffend die Ausgleichszahlungen.

Die Antragstellerin veranlasste die Zahlungen zu einem nicht näher beschriebenen Zeitpunkt im Januar 2016.

Der Antragsgegner erstellte am 29.04.2016 zur Nr. 10 eine Kostenberechnung über insgesamt 1.837,12 EUR und zur Nr. 11 eine weitere Kostenberechnung über insgesamt 494,15 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 22 d. A. verwiesen. Mit Schreiben vom 16.06.2016 verwies der Vertreter der Antragstellerin auf vermeintliche Schadensersatzansprüche.

Mit einem an das Landgericht gerichteten Schreiben vom 09.08.2016 hat die Antragstellerin Einwendun...

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