Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer des Landes Hessen bei dem Regierungspräsidium Darmstadt vom 31.01.2000 (Az.: 69 d-VK03/2000) aufgehoben.
Der Beschwerdegegnerin wird aufgegeben, das Vergabeverfahren nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts ordnungsgemäß zu Ende zu führen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen haben die Antragsgegnerin zu 3/4 und die Antragstellerin zu ¼ zu tragen.
Beschwerdewert: 603.200. – DM
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerin (Vergabestelle) hat im Dezember 1997 die Erweiterung der bestehenden Gruppenkläranlage in H. mittels nachgeschalteter Denitrifikationsstufe im Nichtoffenen Vergabeverfahren (Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb) im Amtsblatt der EG bekannt gemacht. Ziffer 11 der Bekanntmachung lautete: „11…. Der Zuschlag erfolgt nach Wertung der Angebote in Anwendung des § 25 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A. Die Wertung erfolgt unter Einbeziehung der Bauinvestitionskosten und der garantierten Betriebskosten”. Das Vorhaben wurde von der Antragsgegnerin mit 12.064.000. – DM budgetiert.
Kapitel 7 „Betriebsmittelverbrauch und Personalbedarf” der Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm enthält folgenden Hinweis: „Vom Bieter sind nachfolgende Werte verbindlich anzugeben. Der Bieter übernimmt die Gewährleistung für die Richtigkeit der Angaben. Bei Überschreitung der Werte gehen die dem Auftraggeber hierdurch entstehenden Mehrkosten zu Lasten des Bieters”, Nachfolgend sind einzelne Rubriken für die Verbrauchswerte, u. a. 1. Stromverbrauch 2. sowie unter 4. „Personalbedarf vor Ort …” vorgesehen. Kapitel 8 „Garantie- und Leistungsnachweis” führt unter Ziffer 8.2 mehrere, vom Bieter zwingend einzuhaltende Garantiewerte, u. a. zu Überschussschlammproduktion und spezifischem Energieverbrauch an. Zusätzlich zu den Bauleistungen wurde in Teil E die Betriebsführung der Anlage auf die Dauer von 2 Jahren ausgeschrieben. In Teil E Kapitel 7 „Kalkulationsgrundlagen” waren ebenfalls Angaben zu den Personal- und Betriebsmittelkosten verlangt.
Beim Submissionstermin am 15.04.1999 hatten neben der Antragstellerin u. a. die Beigeladenen zu 1) und 2) Angebote abgegeben. Das mit der Prüfung beauftragte Ingenieurbüro U. unterbreitete nach Durchführung von Bietergesprächen der Antragsgegnerin am 21.07.1999 einen Vergabevorschlag. Mit Schreiben vom 03.09.1999 teilte die Antragsgegnerin den Bewerbern mit, die Ausschreibung sei gemäß § 26 Abs. 1 a VOB/A aufgehoben worden, weil kein Angebot eingegangen sei, das den Ausschreibungsbedingungen entspreche (Bl. 61 d.A.), die Vergabe solle im Verhandlungsverfahren erfolgen.
Mit Schreiben vom 15.9.1999 lud das Ingenieurbüro U. alle vier Bieter zu einem Gesprächstermin am 23.9.1999 ein. Dem Schreiben war ein Fragenkatalog mit der Bitte um schriftliche Beantwortung sowie eine vorbereitete Garantieerklärung bezüglich der in Kapitel 8 des Leistungsprogramms genannten Garantiewerte beigefügt. Wegen weiterer Erklärungen zu den Angebotsinhalten und ergänzender Angebote fanden am 23.09.1999 mit allen vier Bietern Verhandlungsgespräche statt. Bis Anfang November 1999 beantworteten die Bieter von dem Ingenieurbüro U. schriftlich gestellte, ergänzende Fragen, die u. a. die Auswirkung technischer Änderungen auf den Betriebsmittelverbrauch und Personalbedarf gem. Teil B Kap. 7 des Leistungsprogramms betrafen (Schreiben des Ingenieurbüros U. v. 20.10.1999). Mit Schreiben vom 8./10.11.1999 forderte das Ingenieurbüro U. die Bieter auf, bis zum 12.11.1999 die zuletzt ausgewiesenen Angebotssummen mit dem spezifizierten Liefer- und Leistungsumfang abschließend zu bestätigen. Am 12.11.1999 lagen vier abschließende Angebote für je zwei Ausbaustufen (200.000 EW u. 270.000 EW) vor.
Mit Schreiben vom 24.11.1999 unterbreitete das Ingenieurbüro U. der Antragsgegnerin eine umfassende Prüfung und Wertung der Angebote mit (neuem) Vergabevorschlag. Dieser beruhte auf einer Wertung nach Investitionskosten für zwei Ausbaugrößen, einer fachtechnischen Prüfung unter Berücksichtigung der Garantie- und Leistungsnachweise sowie einer Wertung nach Betriebs- und Jahreskosten. In Abschnitt C unter „Fachtechnische Prüfung” heißt es abschließend: „… sind aus fachtechnischer Sicht die wertbaren Unterschiede bzw. Vor- und Nachteile zwischen den angebotenen Verfahren so gering, dass hierüber keine eindeutige Reihenfolge abzuleiten ist und die monetäre Bewertung im wesentlichen das ausschlaggebende Kriterium darstellt”.
Die Personalkosten waren bei allen vier Angeboten nicht mit den von den Bietern genannten Stundensätzen, sondern pauschal mit 2000 h/ a angesetzt worden. Die Antragstellerin hatte in ihrem Angebot für die von ihr vorgeschlagene Anlage einen Aufwand von 308 Stunden...