Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit für Klauselerteilung bei Scheidungsfolgenvereinbarung
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.04.2003; Aktenzeichen 83 M 11529/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des AG Frankfurt am Main vom 4.4.2003 – 83 M 11529/01 – Nichtabhilfeentscheidung vom 28.5.2003 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin zu tragen.
Beschwerdewert: 5.000 Euro.
Gründe
I. Die Gläubigerin beabsichtigt wegen Unterhaltsforderungen die Zwangsvollstreckung gegen ihren früheren Ehemann. Die Unterhaltsforderung wurde in einem Vergleich vor dem AG Königstein im Taunus vom 9.7.1996 im familiengerichtlichen Verfahren 10 F 408/91 tituliert. Der Vergleich wurde zwischen den seinerzeitigen Eheleuten ausdrücklich für den Fall der rechtskräftigen Scheidung geschlossen. Die nach Abschluss des Vergleichs ausgesprochene Scheidung wurde rechtskräftig. Den Erlass des von der Gläubigerin beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat das AG – Rechtspfleger – mit der Begründung abgelehnt, es fehle an einer wirksamen Klausel; die durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erteilte Vollstreckungsklausel genüge nicht.
Dagegen richtet sich die fristgerecht eingegangene sofortige Beschwerde der Gläubigerin, die die Auffassung vertritt, für die Klauselerteilung auf einem vor dem FamG geschlossenen Scheidungsfolgenvergleich sei der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig.
II. Die nach §§ 567 ff., 793 ZPO an sich statthafte, auch form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig; die Zuständigkeit des Senats als Beschwerdegericht ergibt sich aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Zutreffend hat das AG die beantragte Vollstreckungsmaßnahme zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung nicht vorliegen. Es fehlt an einer wirksamen Klausel.
1. Die Zwangsvollstreckung setzt außer dem Vollstreckungstitel eine unter eine Ausfertigung des Vollstreckungstitels zu setzende Vollstreckungsklausel voraus (§ 724 Abs. 1 ZPO). Die Vollstreckungsklausel ist eine amtliche Bescheinigung der Vollstreckbarkeit des Vollstreckungstitels. Sie hat u.a. die Funktion, dem Vollstreckungsorgan die Arbeit zu erleichtern, indem das sich dem Klauselerteilungsverfahren anschließende Vollstreckungsverfahren von der Prüfung der Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit des Titels entlastet wird.
2. Welches Organ für die Erteilung der Vollstreckungsklausel zuständig ist, richtet sich vornehmlich nach der Art des Vollstreckungstitels.
Eine Zuständigkeit des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle für die Klauselerteilung besteht nur im Fall der einfachen, deklaratorisch wirkenden Klausel (§§ 724 Abs. 2, 725 ZPO). Dagegen ist für die qualifizierte konstitutiv wirkende Klausel (§§ 726 ff. ZPO) eine Zuständigkeit des RPflG des Prozessgerichts nach § 20 Nr. 12 Rechtspflegers gegeben. Dies gilt auch für Prozessvergleiche nach §§ 794 Abs. 1, 795 ZPO.
Bei dem titulierten Unterhaltsanspruch der Gläubigerin aus einem Scheidungsfolgenvergleich ist eine qualifizierte Klausel i.S.d. § 726 ZPO erforderlich.
Allerdings ist § 726 Abs. 1 ZPO nicht unmittelbar anwendbar. Diese Vorschrift betrifft den Fall, dass die Zwangsvollstreckung nach dem Vollstreckungstitel von dem Eintritt einer Tatsache abhängig ist, deren Beweis nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast dem Gläubiger obliegt. Bei einer in einer Scheidungsfolgenvereinbarung für den Fall rechtskräftiger Scheidung titulierten Unterhaltsforderung ist der Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils allerdings nicht nur die Bedingung für die Vollstreckbarkeit der Unterhaltsforderung; vielmehr hängt die Wirksamkeit des Titels selbst vom Eintritt der Rechtskraft des Urteils ab. Andererseits ist, sobald der Titel wirksam ist, auch die Zwangsvollstreckung unbedingt aus ihm möglich. Aus diesen Gründen scheint § 726 Abs. 1 ZPO nicht unmittelbar auf eine solche Fallgestaltung zu passen, so dass insoweit auch die Auffassung vertreten wird, die Klauselerteilung richte sich allein nach §§ 724, 725 ZPO (OLG Braunschweig RPfleger 1972, 421; Hornung RPfleger 1973, 77).
Diese Auffassung verkennt indes, dass es sich beim scheidungsrechtskraftbedingten Vergleich jedenfalls um eine Bedingung handelt, die in die Beweislast des Gläubigers und nicht des Schuldners fällt und deshalb gleichwohl eine im Klauselerteilungsverfahren zu prüfende Bedingung darstellt (so zutreffend Blomeyer, RPfleger 1972, 385 [389 f.]; RPfleger 1973, 80 [81]; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 726 Rz. 3 Fn. 26).
Unter Berücksichtigung von Normtext und Zweck der Klausel erscheint auch dem Senat die Anwendung von § 726 ZPO bei einer Bedingung in Gestalt des Eintritts der Rechtskraft einer mit dem Vollstreckungstitel nicht identischen Entscheidung überzeugender. Weder dem Vollstreckungsorgan noch dem Schuldner wird der Zeitpunkt der Rechtskraft nachgewiesen oder bekannt gemacht, obwohl dieser für den Zahlung...