Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung von Meinungsäußerungen in der Printpresse wegen Persönlichkeitsverletzung
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 06.10.2020; Aktenzeichen 2-03 O 359/20) |
Nachgehend
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt vom 6.10.2020 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert:
I. Der Antragsgegnerin wird über das im bezeichneten Beschluss bereits ausgesprochene Verbot hinaus im Wege einstweiliger Verfügung bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit für je 100,- EUR Ordnungshaft von einem Tag, oder sofortiger Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, die an ihren Geschäftsführern zu vollstrecken wäre, untersagt,
in Bezug auf den Antragsteller zu verbreiten oder verbreiten zu lassen:
3. "Den Staat lehne X [...] ab"
wenn dies erfolgt wie in dem Beitrag "Überschrift1" im Internet abrufbar unter www.(...).de geschehen ist.
II. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfügungsverfahrens hat die Antragsgegnerin 2/6 und hat der Antragsteller 4/6 zu tragen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Parteien zu je 1/2 zu tragen.
III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 20.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt wegen eines Berichts, der unter dem Titel "Überschrift1" am 4.9.2020 in der Online-Ausgabe des "Zeitung1" unter Lokales veröffentlicht worden ist (Anlage Ast 1), der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Verfügung - soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Bedeutung - folgende Äußerungen zu untersagen:
1. ...
2. ...
3. "Den Staat lehne X [...] ab"
4. ...
5. "Jesus hat seiner Aussage nach z.B. nur drei Einweihungen gehabt"
6. ...
Das Landgericht hat dem Antrag zu 4. entsprochen und den Verfügungsantrag im Übrigen zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren sind allein noch gegenständlich die wiedergegebenen Anträge zu 3. und 5. Wegen der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seine Anträge zu 3. und 5. weiter. Wegen seiner Begründung wird auf die Beschwerdeschrift vom 19.11.2020 verwiesen.
Das Landgericht Frankfurt hat mit Beschluss vom 26.11.2020 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist teilweise begründet. Der Antragsteller kann über die vom Landgericht erlassene Verfügung hinaus noch einstweilen die Unterlassung der mit dem Antrag zu 3. angegriffenen Äußerung der Antragsgegnerin beanspruchen; im Übrigen ist die Beschwerde jedoch nicht begründet.
1. Zum Antrag zu 3. ("Den Staat lehne X [...] ab").
Dem Antragsteller steht auf der Grundlage der beiderseits glaubhaft gemachten Tatsachen gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung dieser von dem namentlich nicht benannten Aussteiger/Informanten geäußerten Meinung über den Antragsteller aus § 1004 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1 GG zu.
a) Allerdings ist das Landgericht - ohne nähere Begründung - zu Recht davon ausgegangen, dass es sich dabei um eine Meinungsäußerung handelt. Äußerungen über Motive, Absichten und Vorstellungen anderer Menschen (innere Tatsachen) sind im Regelfall Werturteile, weil sie sich auf nicht wahrnehmbare Einschätzungen beziehen. Sie sind nur dann als Tatsachenäußerung einzustufen, wenn sie auf äußere beweisbare (Hilfs-)Tatsachen gestützt werden (Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl., Rz. 14.7 f. m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall, weil in dem Bericht der Antragsgegnerin nicht angegeben wird, woraus der Aussteiger/Informant seine Meinung, der Antragsteller lehne den Staat ab, herleitet. Etwas Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht daraus, dass im nachfolgenden Text das vom Antragsteller bei seiner Stellungnahme herangezogene Bibelzitat teilweise wiedergegeben wird. Zum einen sollte dies nach der Intention des Antragstellers gerade belegen, warum er den Staat nicht grundsätzlich ablehne. Zum anderen handelt es sich um keinen Umstand, den der Aussteiger/Informant, dessen Meinung ja verbreitet wird, für seinen Standpunkt als Beleg angegeben hat. Ihm war - soweit ersichtlich - die Stellungnahme auch nicht bekannt. Mithin handelt es sich bei dem angegriffenen Satz in dem Bericht um eine nicht kundgetane innere Haltung des Betroffenen, weshalb die Einschätzung des äußernden Aussteigers/Informanten darüber als Meinungsäußerung zu qualifizieren ist.
b) Gleichwohl ergibt die auch bei einer Meinungsäußerung weiter vorzunehmende Abwägung zwischen Meinungs- und Pressefreiheit einerseits und allgemeinem Persönlichkeitsrecht andererseits, dass die Verbreitu...