Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert einer Ehesache gem. § 43 Abs 1 FamGKG

 

Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert einer Ehesache ist gem. § 43 Abs. 1 FamGKG unter Einbeziehung der Einkünfte und des Vermögens der Eheleute festzusetzen. Ist Immobilienvermögen vorhanden, kann es nach den regionalen Bedingungen in Nordhessen nicht beanstandet werden, wenn für jeden Ehegatten 20.000,-- EUR Freibetrag in Abzug gebracht und das verbleibende Vermögen mit 5 % in den Streitwert einbezogen wird.

 

Normenkette

FamGKG § 43

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Beschluss vom 22.11.2016; Aktenzeichen 542 F 816/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird der erstinstanzliche Verfahrenswert unter Abänderung des Beschlusses des AG vom 22.11.2016 in der Fassung vom 10.3.2017 auf 19.873,79 EUR (16.960,61 EUR für das Scheidungsverfahren und 2.913,18 EUR für die Folgesache Versorgungsausgleich) festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Ehe der Beteiligten ist durch Beschluss des AG - Familiengericht - Kassel vom 22.11.2016 geschieden worden; zugleich hat das AG den Versorgungsausgleich hinsichtlich der drei Anrechte der Beteiligten durchgeführt und den Verfahrenswert auf 12.623,79 EUR (9.710,61 für die Scheidung und 2.913,18 EUR für den Versorgungsausgleich) festgesetzt, ausgehend von einem Monatseinkommen des Antragstellers von 2.436,87 EUR und der Antragsgegnerin von 800,00 EUR (Scheidung: 2.436,87 EUR + 800,00 EUR × 3 = 9.710,61 EUR; Versorgungsausgleich: 9.710,61 EUR : 10 × 3).

Gegen die Streitwertfestsetzung hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers am selben Tag Beschwerde eingelegt und Erhöhung des Verfahrenswertes auf 22.048,79 EUR (16.960,61 EUR + 5.088,18 EUR) beantragt. Hierzu hat er vorgetragen, dass die Beteiligten Miteigentümer einer Immobilie mit einem Verkehrswert von 210.000,00 EUR seien, welche mit noch rund 25.000,00 EUR Schulden belastet sei, so dass sich der Wert für das Scheidungsverfahren um 7.250,00 EUR (210.000,00 EUR - 25.000,00 EUR - 40.000,00 EUR Freibetrag = 145.000,00 EUR; hiervon 5 %) erhöhe, was sich auch auf die Folgesache Versorgungsausgleich auswirke.

Das AG hat daraufhin nach Anhörung der Antragsgegnerin, die dem Begehren nicht entgegengetreten ist, mit Beschluss vom 10.3.2017 die Verfahrenswerte antragsgemäß angehoben.

Gegen den am 15.3.2017 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 27.3.2017 Widerspruch eingelegt, den er damit begründet, dass das Wohneigentum nicht Bestandteil der Scheidung gewesen sei.

Das AG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und hierzu ausgeführt, dass bei der Festsetzung des Verfahrenswertes auch die Vermögensverhältnisse der Eheleute zu berücksichtigen seien, und zwar unabhängig davon, ob sie Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gewesen sind, und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Einzelrichter hat das Verfahren mit Beschluss vom 24.5.2017 gemäß § 57 Abs. 5 S. 2 FamGKG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache auf den Senat in voller Besetzung übertragen.

II. Die Beschwerde ist gemäß § 59 FamGKG statthaft und auch im Übrigen zulässig, sie ist insbesondere binnen der Sechs-Monats-Frist des § 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG eingelegt worden, und der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den Betrag von 200,00 EUR (§ 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG).

In der Sache hat das Rechtsmittel in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

Gemäß § 43 Abs. 1 FamGKG ist der Verfahrenswert der Scheidungssache u..a. unter Berücksichtigung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Eheleute zu bestimmen, wobei hinsichtlich letzterer nach § 43 Abs. 2 FamGKG auf das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten abzustellen ist. Wie das AG in seinem Nichtabhilfebeschluss zutreffend ausgeführt hat, kommt es nach dem Gesetz im Rahmen der Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse nicht darauf an, ob das Vermögen Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gewesen ist. Insoweit erweist sich die Beschwerde des Antragstellers als unbegründet.

Die Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Immobilienvermögen bei der Festsetzung des Werts der Ehesache ist allerdings sehr uneinheitlich, was Folge des seitens des Gesetzgebers dafür eingeräumten großen Ermessensspielraums ist (vgl. dazu auch Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Auf. 2014, Rn. 5 zu § 43 FamGKG; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl. 2017, Rn. 10 zu § 43 FamGKG).

Überwiegend wird das von den Ehegatten genutzte Hausgrundstück grundsätzlich mit dem Verkehrswert in Ansatz gebracht. Hiervon werden meist Freibeträge für Ehegatten und unterhaltsberechtigte Kinder abgezogen. Die Immobilie wird dann mit einem bestimmten Prozentsatz des verbleibenden Wertes berücksichtigt.

Teilweise wird insoweit ein Freibetrag (jeweils je Ehegatte) von 64.000,00 EUR angenommen (OLG Hamm, FamRZ 2006, 353), aber auch Beträge von 60.000 EUR (OLG Bamberg, JurBüro 2017, 86 f.; OLG Brande...

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