Leitsatz (amtlich)
Bei der Verpflichtung eines (abberufenen) Verwalters, sämtliche die verwaltete Liegenschaft betreffenden Unterlagen herauszugeben, richtet sich die Beschwer des Verwalters nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, die die Erfüllung des Herausgabeanspruchs erfordert.
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Entscheidung vom 25.07.2007; Aktenzeichen 19 T 533/06) |
Gründe
Die Antragsgegnerin wurde durch Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 08.05.2006 als Verwalterin abberufen (Bl. 34 d. A.). Über den Anfechtungsantrag der Antragsgegnerin ist noch nicht rechtskräftig entschieden. Im Rahmen des Anfechtungsverfahrens hat die Gemeinschaft eine einstweilige Anordnung beantragt, durch welche der Antragsgegnerin die Herausgabe der Unterlagen sämtlicher die Gemeinschaft betreffenden Konten, sämtlicher für die Gemeinschaft geschlossenen Verträge, sowie sämtlicher Versammlungsprotokolle, Abrechnungen, Wirtschaftspläne und Prozessunterlagen aufgegeben werden sollte. Das Amtsgericht hat diesem Antrag in einem selbständigen Hauptsacheverfahren mit Beschluss vom 23.08.2006 stattgegeben (Bl. 57-59 d. A.).
Das Landgericht hat die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 25.07.2007 (Bl. 168-171 d. A.) als unzulässig verworfen, da der Antragsgegnerin kein vermögenswertes Interesse an der Änderung der angefochtenen Entscheidung, das die erforderliche Beschwer in Höhe von 750,00 EUR übersteige, zustehe. Die vermögensrechtliche Belastung der Antragsgegnerin richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten für die Herausgabe der Verwaltungsunterlagen der Liegenschaft. Auch wenn hierzu ein konkreten Vortrag der Antragsgegnerin nicht erfolgt sei, sei doch offensichtlich, dass der maßgebliche Wert von 750,00 EUR nicht überschritten werde. Auf Bedenken wegen der nicht 750.00 EUR überschreitenden Beschwer hatte die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2007 (Bl. 110, 111 d. A.) hingewiesen.
Gegen den laut Empfangsbekenntnis des Verfahrensbevollmächtigten (Bl. 183 d. A.) am 21.08.2006 zugestellten Beschluss des Landgerichts hat die Antragsgegnerin mit am 03.09.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts beantragt und die Abweisung des erstinstanzlich gestellten Antrags weiterverfolgt.
Zu ihrer Beschwer trägt die Antragsgegnerin vor, sie müsste erst mühsam alle Unterlagen heraussuchen und überprüfen, ob sie die Antragstellerin betreffen und andere Schriftstücke aussortieren. Dafür sei der Einsatz einer Fachkraft mit mindestens 20 Stunden erforderlich, die mit 40.00 EUR/Stunde zu entschädigen sei. Auch sei das Interesse der Antragsgegnerin zu berücksichtigen, sonstige gegen sie gerichtete Ansprüche, z. B. auf Schadensersatz, zu verhindern, ferner aufzuwendende Fahrtkosten sowie die Ungewissheit über die Anfechtung ihrer Abberufung.
Das rechtliche Gehör sei verletzt, da die Kammer zwar auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde mangels ausreichender Beschwer hingewiesen, aber keine Frist zur Stellungnahme gegeben habe.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 45 Abs. 1 WEG a. F. statthaft, nachdem das Landgericht die Erstbeschwerde wegen Nichterreichung der erforderlichen Beschwer von 750,00 EUR als unzulässig verworfen hat (BGH NJW 1992, 3305; Palandt/Bassenge: WEG, 66.Aufl., § 45 Rdnr. 4). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden, bleibt aber ohne Erfolg, weil das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Beschwer der Antragsgegnerin 750,00 EUR nicht übersteigt.
Maßgebend für die Beschwer eines Beschwerdeführers ist sein individuelles vermögenswertes Interesse an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Sie ist zu unterscheiden von dem Geschäftswert des Verfahrens, das sich gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG grundsätzlich nach dem Interesse aller Beteiligten an der Entscheidung bemisst (BGH NJW 1992, 3305; BayObLG WuM 1991, 226; dass. WuM 1999, 130; Palandt/Bassenge: WEG, 66. Aufl., § 45 Rdnr. 3; Bärmann/Pick/Merle: WEG, 9. Aufl., § 45 Rdnr. 31; Niedenführ/Schulze: WEG, 7. Aufl., § 45 Rdnr. 10).
Es ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht ein den Betrag von 750,00 EUR übersteigendes vermögenswertes Interesse der Antragsgegnerin an der Änderung der angefochtenen Entscheidung auf Herausgabe der die Antragstellerin betreffenden Verwaltungsunterlagen als nicht dargetan erachtet hat.
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass in dem Fall, dass ein Beschwerdeführer zur Herausgabe von Unterlagen verpflichtet wird, allein der Aufwand an Zeit und Kosten maßgeblich ist, der die Erfüllung des titulierten Anspruchs auf Herausgabe erfordert (BayObLG -Beschl. vom 17.11.2004- 2Z BR 190/04-, zitiert nach [...]). Vergleichbares hat der Senat auch bereits für die Einsichtsgewährung in Unterlagen (Beschl. v. 05.05.2003- 20 W 217/01-) und für die Abgabe ...