Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufgaben und Handlungsbefugnisse des Verfahrenspflegers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Auffassung, dass Gespräche mit den Eltern nicht zum Aufgabenkreis des Verfahrenspflegers gehören oder allenfalls äußerst restriktiv zuzulassen seien (so: KG, FamRZ 2000, 1300; OLG Brandenburg v. 12.2.2001 - 9 WF 19/01, MDR 2001, 573 = FamRZ 2001, 1541 f. und OLG Brandenburg v. 14.8.2001 - 9 WF 118/01, FamRZ 2002, 626), ist abzulehnen. Ebenso wenig sind im Rahmen der Tätigkeit eines Verfahrenspflegers Gespräche mit dem Jugendamt, mit der das Kind betreuenden Kindergärtnerin oder der das Kind unterrichtenden Lehrerin grundsätzlich ausgeschlossen. Insoweit ist vielmehr im Einzelfall entscheidend, ob die Gespräche mit Jugendamt, Kindergarten und Schule zur Erklärung und Bewertung der Äußerungen und Willensbekundungen des Kindes erforderlich sind, um dessen Wünsche und Interessen ggü. dem Gericht zutreffend darstellen zu können (ebenso: OLG Naumburg, FamRZ 2001, 170 f.; OLG Karlsruhe v. 27.12.2000 - 2 WF 126/00, FamRZ 2001, 1166; OLG Stuttgart v. 10.9.2002 - 8 WF 26/02, FamRZ 2003, 322 f.).

 

Normenkette

BGB §§ 1835, 1908i; FGG § 50 Abs. 5, § 67 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Langen (Beschluss vom 31.10.2005; Aktenzeichen 64 F 94/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des AG - FamG - Langen (Rechtspfleger) vom 31.10.2005 insoweit abgeändert, als über die bereits festgesetzte Vergütung von 2.350,34 EUR hinaus eine weitere Vergütung i.H.v. 531,91 EUR festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Im vorliegenden Verfahren geht es um den Vergütungsanspruch der vom AG in einem Sorgerechtsverfahren bestellten Verfahrenspflegerin.

Das AG - FamG - hat für die beteiligten Kindern, die am ... 1998 und am ... 2000 geboren sind, im Rahmen des auf Antrag des Vaters eingeleiteten Verfahrens die Beschwerdeführerin durch Beschluss vom 28.6.2005 als Verfahrenspflegerin bestellt. Bei der Verfahrenspflegerin handelt es sich um eine Diplompädagogin, die, wie dem Senat bekannt ist, seit vielen Jahren als Verfahrenspflegerin tätig ist. Nach Erhalt der Gerichtsakten hat sie in der Zeit vom 1.7. 2005 bis zur Ablieferung der Stellungnahme für das Gericht am 11.8.2005 insgesamt drei persönliche Gespräche mit den Kindern, teilweise mit diesen einzeln und teilweise zusammen, geführt. Bei zwei Terminen wurde außerdem mit der Mutter gesprochen und die Interaktion der Kinder mit der Mutter beobachtet. Ein entsprechendes weiteres Gespräch fand mit dem Vater sowie ein weiteres mit dem Vater allein statt. Ferner führte die Verfahrenspflegerin zahlreiche längere Telefongespräche, insgesamt 6 Gespräche mit der Mutter und 4 Gespräche mit dem Vater sowie jeweils ein weiteres Telefongespräch mit dem Jugendamt, der Klassenlehrerin des älteren Kindes und der Kindergärtnerin des jüngeren Kindes. Am 11.8.2005 hat die Verfahrenspflegerin eine 36 Seiten umfassende Stellungnahme zu den Gerichtsakten gereicht. Beigefügt war außerdem eine sechsseitige Anlage mit ausführlichen Angaben über die seit dem 1.7.2005 erfolgten und bis zum Oktober 2005 zwischen den Eltern nunmehr abgesprochenen Umgangstermine.

Die Verfahrenspflegerin hat für ihre Tätigkeit aus der Staatskasse Ersatz ihrer Aufwendungen und eine Vergütung von insgesamt 3.310,95 EUR begehrt. Ihrer Rechnung vom 29.8.2005 ist eine insgesamt sechsseitige detaillierte Kostenaufstellung beigefügt. Hierzu hat der Bezirksrevisor beim LG mit Schreiben vom 5.9.2005 Stellung genommen und beanstandet, dass der Umfang der Tätigkeiten der Verfahrenspflegerin weit über das hinaus gehe, was in ähnlich gelagerten Fällen im Landgerichtsbezirk Darmstadt abgerechnet werde. So sei die umfangreiche Stellungnahme vom 10.8.2005 eher ein Gutachten und in diesem Verfahren so weder üblich noch notwendig. Die Tätigkeiten der Verfahrenspflegerin

habe sich auf die rechtliche Vertretung der Kinder zu beschränken. Nach einer Grundsatzentscheidung des 6. Familiensenats des OLG Frankfurt (6 WF 42/01) vertrete der Verfahrenspfleger allein die Interessen der Kinder. Er sei kein Schlichter zwischen den Parteien und kein Richtergehilfe. Die Vorbereitungen und Durchführungen von Interaktionsbeobachtungen gehöre ebenso wenig zu seinen Aufgaben wie Kontakte zum Jugendamt, zur Schule oder zum Kindergarten. Erstattungsfähig seien maximal drei Familienbesuche. Insgesamt seien aufgrund im Einzelnen erläuterter Streichungen 1457 Minuten und 181 Telefoneinheiten zzgl. Mehrwertssteuer, also insgesamt 960,61 EUR, abzusetzen. Das AG ist den Einwänden des Bezirksrevisors in vollem Umfang gefolgt und hat die Vergütung und die Auslagen der Verfahrenspflegerin auf 2.350,34 EUR festgesetzt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Verfahrenspflegerin.

Der Senat hat zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die zuständige Amtsrichterin habe in zwei Telefonaten am 4. und 13.7.2005 Gespräche mit der Schule, dem Jugendamt und dem ...

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