Entscheidungsstichwort (Thema)
Indizien für einen schuldhaften Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Verbot, bezahlte Kundenrezensionen auf einer Internetplattform zu veröffentlichen
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Indizien für das Vorliegen eines schuldhaften Verstoßes gegen das wettbewerbsrechtliche Verbot, bezahlte Kundenrezensionen auf der Internetplattform amazon.de einzustellen
2. Zur Frage, welche möglichen und zumutbaren Handlungen der Schuldner aufgrund eines Unterlassungstitels unternehmen muss, um einen fortdauernden Störungszustand (hier: rechtswidrige Vermittlung von Produktbewertungen) zu beseitigen
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 14.08.2020; Aktenzeichen 2-6 O 299/19) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen, soweit ihr das Landgericht nicht mit Beschluss vom 14.8.2020 abgeholfen hat.
Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin und der Antragsgegner je zur Hälfte zu tragen.
Beschwerdewert: 10.000,- EUR.
Gründe
I. Das Landgericht hat dem Antragsgegner mit Beschluss - einstweilige Verfügung - vom 12.7.2019 unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, geschäftlich handelnd
1. auf www.amazon.de ≪http://www.amazon.de≫ Kundenrezensionen, die von Personen erstellt wurden, die hierfür bezahlt werden und / oder andere vermögenswerte Vorteile erhalten, zu veröffentlichen und / oder veröffentlichen zu lassen, ohne darauf hinzuweisen, dass die Kundenrezension beauftragt wurde und der Rezensent dafür eine Bezahlung und / oder einen anderen vermögenswerten Vorteil erhalten hat;
und / oder
2. Vertragspartner der X Ltd., Straße1, Stadt1, Land1 in die Lage zu versetzen, auf www.amazon.de ≪http://www.amazon.de≫ von diesen angebotene Waren mit Kundenrezensionen zu bewerben und / oder bewerben zu lassen, die von Personen hergestellt werden, die hierfür bezahlt werden und / oder andere vermögenswerte Vorteile erhalten, ohne dass darauf hingewiesen wird.
Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 1.8.2019 an seinem Arbeitsplatz zugestellt worden. Unter dem 22.8.2019 hat er eine Abschlusserklärung abgegeben, in der er die einstweilige Verfügung als materiell-verbindliche und endgültige Regelung anerkannt hat.
Den Ordnungsmittelantrag der Antragstellerin vom 4.12.2019 hat das Landgericht mit Beschluss vom 6.4.2020 zurückgewiesen. Der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 14.8.2020 teilweise abgeholfen. Es hat gegen den Antragsgegner wegen Verstoßes gegen Ziffer 1 der einstweiligen Verfügung ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,- EUR verhängt, ersatzweise einen Tag Ordnungshaft für jeweils 1.000,- EUR. Im Übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners.
Die Antragstellerin beantragt zu ihrer Beschwerde,
dem Schuldner unter Aufhebung des Beschlusses vom 6.4.2020 wegen Verstoßes gegen die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 16.7.2019 ein empfindliches Ordnungsgeld aufzuerlegen.
Der Antragsgegner beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner beantragt zu seiner Beschwerde,
den Ordnungsmittelantrag der Antragstellerin vom 14.12.2019 zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Teilabhilfebeschluss zurückzuweisen.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Ordnungsmittelantrag ist zulässig. Ihm fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dem Rechtschutzbedürfnis steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner für eine Gesellschaft, namentlich für die X Ltd. bzw. die Y Ltd., beide ansässig in Stadt1 / Land1, tätig war. Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Ordnungsgeld nach § 890 ZPO nur gegen die juristische Person festzusetzen, wenn sowohl eine juristische Person als auch ihr Organ aus einem Vollstreckungstitel zur Unterlassung verpflichtet sind und das Organ im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit für die juristische Person dem Verbot zuwiderhandelt (BGH, Beschluss vom 12.1.2012 - I ZB 43/11 = GRUR 2012, 541). Denn die juristische Person kann nur durch ihre Organe handeln und muss sich deren schuldhafte Zuwiderhandlung nach § 31 BGB zurechnen lassen. Dieser Rechtsgedanke findet vorliegend weder direkt noch analog Anwendung. Gegen die auf Land1 ansässigen Betreibergesellschaften des Internetportals "b.de" wurde kein Unterlassungstitel erwirkt. Ein solcher wäre für die Antragstellerin auch nicht von Nutzen, da die Betreibergesellschaften von den Verantwortlichen bereits ausgetauscht wurden, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung des Geschäftsmodells verbunden war. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung wurde das Impressum der Internetseite dahingehend geändert, dass Anbieterin nach § 5 TMG nicht mehr die X Ltd., sondern die Y Ltd. ist (Anlagen Ast6, ZV6). Die Anschrift blieb gleich. Die Antragstellerin hat auch hinreichende Indizien dafür vorgetragen, dass die ... Betreiberin offenbar nur vor...