Leitsatz (amtlich)
Zu den Erwägungen, die im Rahmen des § 1671 II Nr. 2 BGB zu berücksichtigen sind.
Normenkette
BGB § 1671
Verfahrensgang
AG Königstein (Aktenzeichen 10 F 258/05) |
Gründe
Die Parteien haben am 24.4.2003 geheiratet. Aus ihrer Ehe ist die am 28.1.2004 geborene A hervorgegangen. Seit dem 8.9.2004 leben sie getrennt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Beteiligte zu 2) aus der ehelichen Wohnung ausgezogen.
Auslöser für die Trennung der Parteien waren zwei Vaginalverletzungen, die bei A am 11.8. und am 6.9.2004 festgestellt worden sind. Wegen der Einzelheiten des äußerst kontroversen und mit schwerwiegenden wechselseitigen Vorwürfen versehenen Parteivortrags wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses und auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Das AG hat ein Sachverständigengutachten zur elterlichen Sorge, zum Umgangsrecht und auch dazu eingeholt, welche therapeutischen Hilfen sinnvoll seien. Wegen des Ergebnisses des Gutachtens wird auf Bl. 191 ff. d.A. verwiesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG das Aufenthaltsbestimmungsrecht - beschränkt auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - auf die Kindesmutter und im Übrigen auf das Jugendamt als Ergänzungspfleger übertragen.
Außerdem hat es der Antragsgegnerin aufgegeben, dem Jugendamt alle drei Monate eine ärztliche Bescheinigung über den Gesundheitszustand des Kindes zu übersenden.
Gegen diese Entscheidung haben beide Kindeseltern Beschwerde eingelegt.
Beide Beschwerde sind zulässig. Sie sind statthaft und form- und fristgerecht eingelegt (§ 621.e Abs. 1 u. 3 ZPO).
In der Sache führen sie zu den sich aus dem Tenor ergebenden Änderungen des erstinstanzlichen Beschlusses.
Der Senat geht davon aus, dass die alleinige Ausübung der elterlichen Sorge durch die Kindesmutter in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang dem Wohl von A am besten entspricht (§ 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Soweit es um die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts geht, war die Übertragung auf nur eines der beiden Elternteile unumgänglich. Diese sind sich bezüglich des ständigen Aufenthalts von A und auch bezüglich der Ausgestaltung des Aufenthalts von A im Einzelnen nicht einig.
Im vorliegenden Fall kommt bei Zugrundelegung üblicher Maßstäbe, die bei der Entscheidung in Sorgerechtsfragen eine Rolle spielen, nur die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter in Betracht. Das folgt aus einer zusammenfassenden Würdigung des wechselseitigen Parteivortrages, den mehrfachen Anhörungen der Kindeseltern, den Stellungnahmen des Jugendamtes und der Verfahrenspflegerin und aus den Gründen des Gutachtens der Sachverständigen SV1 und SV2, denen sich der Senat im Wesentlichen anschließt.
Grundsätzlich ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ein Kleinkind auf das Elternteil zu übertragen, bei dem die Kontinuität der Betreuung am besten sicher gestellt werden kann und zu dem das Kind nach den Umständen die stärkeren Bindungen aufweist. Unstreitig wird A seit ihrer Geburt in erster Linie von ihrer Mutter betreut. Zu ihrem Vater hat sie nur gelegentliche begleitete Umgangskontakte, die nach einer Regelung des AG einmal in der Woche für eine Stunde stattfinden sollen. Unter diesen Umständen widerspräche es jeglichen kinderpsychologischen Erkenntnissen und würde voraussichtlich zu gravierender Beeinträchtigung der körperlichen und seelischen Entwicklung führen, wenn A aus ihrem bisherigen Umfeld herausgerissen und die Betreuung auf den Antragsteller übertragen würde. Etwas anderes könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die Antragsgegnerin als erziehungsungeeignet anzusehen wäre. Dafür ergeben sich aber keine Anhaltspunkte. Insbesondere das Gutachten geht insoweit - trotz eingehender Exploration - von keinen Einschränkungen aus. Der Sachverständige schlägt lediglich die Festsetzung einiger Auflagen vor, weil die Ursachen für die o.g. Verletzungen nicht aufgeklärt werden konnten. Ebenso hat die entscheidende Einzelrichterin im Rahmen der Anhörung der Kindesmutter keine Anzeichen für eine mangelnde Erziehungseignung erkennen können. Soweit der Antragsteller meint, diese aus einer fehlenden Bindungstoleranz der Antragsgegnerin ihm gegenüber ableiten zu können, berücksichtigt er - aus verständlichen Gründen - nicht ausreichend die dramatische Trennungsgeschichte der Parteien, die das Verhalten der Antragsgegnerin stark beeinflusst hat.
Auch die Möglichkeit, dem Antragsteller das Aufenthaltsbestimmungsrecht mit der Maßgabe zu übertragen, dass die gemeinsame Tochter weiter bei der Mutter wohnt, kommt nicht in Betracht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf denjenigen zu übertragen, der das Kind auch betreut. Es ist in der Regel nicht praktikabel, Betreuungs- und Aufenthaltsbestimmungsrecht auseinander fallen zu lassen, weil täglich darüber zu entscheiden ist, wann das Kind wo und mit wem zusammen ist. Außerdem wären durch eine solche Regelung ständige Konflikte programmiert.
Der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch die Antragsgegnerin steht ...