Entscheidungsstichwort (Thema)

Stillschweigende Kostenregelung im Nachlassverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Enthält ein im Nachlassverfahren ergangener Beschluss weder im Tenor noch in den Gründen einen ausdrücklichen Kostenausspruch, liegt darin in der Regel die nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG im Ermessen des Gerichts liegende, stillschweigende Entscheidung, dass die gesetzlich normierten Kostenregelungen Anwendung finden sollen.

2. Gegen die stillschweigend getroffen Kostenregelung ist im Wege der isolierten Kostenbeschwerde vorzugehen. Ein Ergänzungsantrag nach § 43 FamFG führt mangels Ergänzungsbedürftigkeit der Entscheidung regelmäßig nicht zum Erfolg. Eine Meistbegünstigung bei der Wahl der vorgenannten Rechtsbehelfe findet nicht statt.

 

Normenkette

FamFG §§ 43, 82

 

Verfahrensgang

AG Frankenberg (Eder) (Beschluss vom 27.08.2015; Aktenzeichen 54 VI 330/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des AG Frankenberg (Eder) vom 27.8.2015 abgeändert. Der Antrag der Beteiligten zu 2) vom 29.6.2015 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der am ... 2014 in Stadt1 verstorbene Erblasser war ledig und hinterließ keine Kinder. Er errichtete am ... Juni 2014 ein privatschriftliches und vom Nachlassgericht eröffnetes Testament, in dem er die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin einsetzte und hinsichtlich dessen Wortlaut im Einzelnen auf Bl. 10 der Testamentsakte verwiesen wird.

Am 3.12.2014 hat die Beteiligte zu 2) einen Alleinerbschein zu ihren Gunsten beantragt. Dem ist der Beteiligte zu 1) zunächst entgegengetreten, hat aber nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 8.5.2015 seine Bedenken aufgegeben und dem Erbschein zugestimmt (Bl. 41 d.A.). Daraufhin hat das Nachlassgericht am 12.5.2015 einen Beschluss erlassen, wonach das Gericht die für die Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachte. Zugleich hat das AG ausgesprochen, dass der Beschluss sofort wirksam sei und daher keiner Bekanntgabe bedürfe (Bl. 45 d.A.). Eine ausdrückliche Regelung der Kostenverteilung enthält der Beschluss nicht.

Am 11.6.2015 hat das Nachlassgericht sodann auf Antrag der Beteiligten zu 2) den Streitwert auf 69.200 EUR festgesetzt (Bl. 51 f. d.A.). Daraufhin hat die Beteiligte zu 2) mit am 30.6.2015 beim Nachlassgericht eingegangenen Schriftsatz beantragt, dem Beteiligten zu 1) die Verfahrenskosten aufzuerlegen (Bl. 57 d.A.). Dem Antrag hat das Nachlassgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.8.2015 weitgehend entsprochen und der Beteiligten zu 2) 10 % und dem Beteiligten zu 1) 90 % der Verfahrenskosten auferlegt.

Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, eine weitgehende Kostentragungspflicht des Beteiligten zu 1) sei sachgerecht, weil der Erbscheinsantrag Erfolg gehabt habe und dies für den Beteiligte zu 1) auch von Anfang an erkennbar gewesen sei. Insbesondere hätten sich aus der Testamentsurkunde keine begründeten Zweifel an deren Echtheit ergeben.

Der vorgenannte und später berichtigte Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) am 2.9.2015 zugestellt worden (Bl. 74 d.A.). Am 25.9.2015 hat der Beteiligte zu 1) befristete Beschwerde gegen die Entscheidung beim Nachlassgericht eingereicht (Bl. 76 d.A.) und zur Begründung ausgeführt, die nachträglich gefasste Kostenentscheidung sei unbillig und folglich rechtsfehlerhaft, weil das Nachlassgericht zu Unrecht von dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 FamFG ausgegangen sei. Grundsätzlich habe nämlich gemäß § 2 Nr. 1 KostO der Antragsteller die Kosten zu tragen, wovon nur in dem hier nicht gegebenen Fall grober Unbilligkeit abzuweichen sei. Insbesondere hätten sich aus der Urkunde selbst Zweifel an deren Echtheit aufgedrängt.

Das Nachlassgericht hat der befristeten Beschwerde nicht abgeholfen, sondern die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 84 d.A.). Der Berichterstatter hat den Beteiligten einen Hinweis erteilt, hinsichtlich dessen Inhalt auf Bl. 87 d.A. verwiesen wird. Im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten sowie die ihnen beigefügten Anlagen Bezug genommen.

II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt unter Abänderung der angegriffenen Entscheidung zur Zurückweisung des Antrags der Beteiligten zu 2), dem Beteiligten zu 1) die Kosten des Erbscheinsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

1. Die Beschwerde gegen die isolierte Kostenentscheidung des Nachlassgerichts ist statthaft. Da der Ergänzungsbeschluss eine selbständige Endentscheidung darstellt, ist seine Anfechtbarkeit unabhängig von derjenigen des ergänzten Beschlusses zu beurteilen, weswegen die befristete Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG statthaft ist (vgl. Keidel/Meyer - Holz, FamFG, 18. Aufl., § 43 Rn 16). Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig....

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