Leitsatz (amtlich)

Bei Minderjährigen kommt Haft zur Sicherung der zwangsweisen Ausreise nur in Betracht, wenn mildere Mittel nicht in Frage kommen (Anschluss an OLG Köln und OLG Braunschweig).

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.06.2004; Aktenzeichen 2-29 T 90/04)

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 27.04.2004; Aktenzeichen 934 XIV 1709/04)

 

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Haftanordnung durch das AG Frankfurt/M., Beschluss vom 27.4.2004 - rechtswidrig war.

Der Antragsteller hat die außergerichtlichen Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

 

Gründe

Der ...-jährige Betroffene, dessen Alter bisher nicht in Zweifel gezogen worden ist, wurde am ... 4.2004 im Transitbereich des Flughafens ... angetroffen und befand sich vom 27.4.2004 bis zum 17.6.2004 in Zurückweisungshaft (§§ 57 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 5, 60 Abs. 5 S. 1 AuslG). Durch die Zurückweisung des Betroffenen am 17.6.2004 nach A ist die Erledigung der Hauptsache im Rechtssinne eingetreten.

Das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde ist dadurch jedoch nicht beendet; denn der Betroffene hat einen Anspruch darauf, dass der Senat prüft, ob die Haftanordnung rechtswidrig war (vgl. dazu BVerfG v. 5.12.2001 - 2 BvR 527/99, BVerfGE 104, 220 = InfAuslR 2002, 132 = DVBl. 2002, 688 = FGPrax 2002, 137 = NJW 2002, 2456 = StV 2002, 609). Das ist vorliegend der Fall; denn die Haftanordnung erweist sich als unverhältnismäßig.

Der Senat ist mit den OLG Köln (OLG Köln, Beschl. v. 11.9.2002 - 16 Wx 164/02, dokumentiert bei Melchior, Abschiebungshaft, Beschl. v. 5.2.2003 - 16 Wx 247/02, OLGReport Köln 2003, 193 = JMBl. NW 2003, 129 = NVwZ- Beil. 2003, 48) und Braunschweig (OLG Braunschweig, Beschl. v. 18.9.2003 - 6 W 26/03) der Auffassung, dass der Anordnung der Sicherung der Abschiebung/Zurückschiebung/Zurückweisung durch Haft bei minderjährigen Ausländern wegen der Schwere des Eingriffs ganz besondere Bedeutung zukommt und die Voraussetzungen für eine Haftanordnung nicht gegeben sind, wenn die Ausländerbehörde in ihrem Haftantrag nicht darlegt, warum mildere Mittel als Haft zur Sicherung der zwangsweisen Ausreise nicht in Frage kommen. Der Senat nimmt auf die Rechtsprechung der OLG Köln und Braunschweig, auf die der Verfahrensbevollmächtigte im Erstbeschwerdeverfahren bereits hingewiesen hat, Bezug.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 16 S. 1 FEVG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1235019

OLGR Frankfurt 2004, 409

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