Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung geleisteter Umsatzsteuer aus Werkvertrag - Vertragsauslegung
Normenkette
UStG § 4 Nr. 9a
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 18.12.2018; Aktenzeichen 17 O 24/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.12.2018 verkündete Urkundsvorbehaltsurteil der 17. Zivilkammer, 17 O 24/18, wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 38.901,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger begehren von der Beklagten die Rückzahlung geleisteter Umsatzsteuer aus einem Werkvertrag.
Die Kläger beauftragten die Beklagte mit Bauvertrag vom 3.6.2015 mit dem Bau eines Einfamilienhauses auf einem noch gesondert zu erwerbenden Grundstück in Stadt1. Es wurde ein Pauschalpreis in Höhe von 253.800,00 Euro vereinbart, der nachträglich auf 248.247,70 Euro reduziert wurde, und der 19 % Umsatzsteuer einschließen sollte. Bei der Festsetzung der von den Klägern zu leistenden Grunderwerbssteuer erkannte das zuständige Finanzamt auf einen engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Bauvertrag für das Einfamilienhaus und dem Kaufvertrag für das Grundstück und legte sowohl den Kaufpreis für Grund und Boden als auch den Pauschalpreis für den Hausbau der Bemessung der Grunderwerbssteuer zugrunde. Dies führte zu einer Umsatzsteuerfreiheit des Bauvertrages nach § 4 Nr. 9 a UStG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug.
Das Landgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten Anspruch auf Rückzahlung der tatsächlich nicht angefallenen, im Bauvertrag aber vereinbarten, Umsatzsteuer in Höhe von 39.636,00 EUR aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB, da die Zahlungen ohne Rechtsgrund geleistet worden seien. Übereinstimmend seien die Parteien auch in Abstimmung mit dem zuständigen Finanzamt davon ausgegangen, dass die Umsätze der Beklagten aus dem Bauvertrag vom 3.6.2015 gemäß § 4 Nr. 9a UStG steuerfrei seien. Die im Bauvertrag getroffene Regelung, dass der vereinbarte Pauschalpreis die zurzeit geltende Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % enthalte, gehe somit ihrem Wortlaut nach ins Leere, da es keine zurzeit geltende Mehrwertsteuer gebe und es auch nicht zur Disposition der Parteien stehe, nach dem Gesetz steuerfreie Umsätze durch Vereinbarung steuerpflichtig zu machen. Die Behauptung der Beklagten, die im Bauvertrag erfolgte Bezugnahme auf die Umsatzsteuer resultiere nur daraus, dass die Beklagte gegenüber den von ihr beauftragten Subunternehmern und für etwaige Materialeinkäufe Umsatzsteuer abführen müsse, finde im Wortlaut des § 12 des Bauvertrages keine Anhaltspunkte und sei unbeachtlich. Die wirtschaftlichen Überlegungen der Beklagten, dass sie selbst Umsatzsteuer habe abführen müssen und darüber hinaus aufgrund der umsatzsteuerfreien Ausgangsleistung gegenüber den Klägern nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, hätten keinen Niederschlag in dem Bauvertrag gefunden und ließen keinen Rückschluss auf den Willen der Kläger zu. Die Beklagte sei eindeutig davon ausgegangen, dass sie die Umsatzsteuer abführen müsse und nicht den Gesamtbetrag des Werklohns wirtschaftlich als Vergütung vereinnahmen würde. Eine ergänzende Vertragsauslegung oder die Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage seien nicht dargetan. Weder ergebe sich aus dem Wortlaut des Vertrages eine Regelungslücke, noch sei die Vorstellung der Beklagten, Umsatzsteuer zu schulden, gemeinsame Geschäftsgrundlage geworden.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel der Klageabweisung weiterverfolgt. Sie führt aus, sie sei nicht rechtsgrundlos bereichert, da Rechtsgrund der zwischen den Parteien am 3.6.2015 abgeschlossene Bauvertrag sei. Dort hätten sich die Kläger verpflichtet, als Gegenleistung für die Errichtung eines Wohnhauses einen pauschalen Festpreis in Höhe von 253.800,00 EUR an die Beklagte zu zahlen. Dabei handele es sich um einen Bruttopreisvertrag. Dies habe zur Folge, dass weder der Leistende eine wider sein Erwarten anfallende Umsatzsteuer von seinem Vertragspartner nachfordern könne noch der Leistungsempfänger im Falle der Umsatzsteuerfreiheit den auf die Umsatzsteuer entfallenden Anteil seiner Vergütung zurückverlangen könne.
Von diesem Grundsatz sei lediglich eine Ausnahme zu machen, sofern die Parteien übereinstimmend von dem Bestehen einer Umsatzsteuerpflicht des Leistenden ausgegangen wären, diese jedoch tats...