Normenkette
BGB § 2270 Abs. 1-2; ZPO § 253 Abs. 2, § 256 Abs. 1, § 1032 Abs. 1-2, § 1034 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 28.04.2011; Aktenzeichen 9 O 254/09) |
LG Wiesbaden (Entscheidung vom 28.02.2011; Aktenzeichen 9 O 254/09) |
Tenor
Zur Wirksamkeit einer im Erbvertrag getroffenen Schiedsanordnung
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 28. Februar 2011, berichtigt durch Beschluss vom 28. April 2011, teilweise abgeändert und wie folgt gefasst:
Der in erster Instanz als unbegründet abgewiesene Klageantrag auf Feststellung, dass die Beklagte nicht Erbin nach dem am ... 2008 in O1 verstorbenen Dr. B1, zuletzt wohnhaft C-Str. ..., O1 geworden ist, wird nunmehr als unzulässig abgewiesen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen und wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 16.000.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellungen, dass die Anordnungen einer Testamentsvollstreckung und eines Schiedsgerichts in einem Erbvertrag unwirksam sind und die Beklagte nicht Erbin seines Vaters geworden ist. Wegen des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen (Bl. 342 - 351 d. A.). Sie werden lediglich zur besseren Verständlichkeit teilweise wiederholt bzw. ergänzt.
Der Vater des Klägers war in erster Ehe mit der Mutter des Klägers verheiratet. Dieser Ehe entsprangen zwei Kinder, der Kläger und seine Schwester. Die Eheleute errichteten am ... 1971 handschriftlich ein vom Erblasser, einem zu diesem Zeitpunkt schon sehr berufserfahrenen Y und X, aufgesetztes gemeinschaftliches Ehegattentestament, auf das Bezug genommen wird (Bl. 40 ff. d.A.).
Ziffer 1 lautet:
"Wir, die unterzeichneten Ehegatten Dr. B1 und B2 setzen uns gegenseitig zu Erben sein. Erben des Längstlebenden von uns werden unsere Kinder B3 und B4 zu gleichen Teilen, soweit der überlebende Ehegatte nicht anders testiert."
In Ziffer 4 wird eine Pflichtteilsstrafklausel für die Kinder und in Ziffer 5 werden Regelungen zur Testamentsvollstreckung getroffen.
Ziffer 6 lautet:
"Streitigkeiten der Erben, Vermächtnisnehmer und sonstigen Beteiligten unter sich oder mit dem Testamentsvollstrecker, die sich auf die Durchführung unserer letztwilligen Verfügung ergeben, sind unter Ausschluss des ordentlichen Gerichts durch einen Schiedsrichter zu entscheiden. Zum Schiedsrichter bestimmen wir den oder die Testamentsvollstrecker. Kann oder will der Testamentsvollstrecker das Amt als Schiedsrichter nicht ausüben oder ist als Beteiligter hieran gehindert, so soll der Präsident der IHK auf Ersuchen eines Beteiligten den Schiedsrichter ernennen, der die Befähigung zum Richteramt haben soll."
Eine Wiederverheiratungsklausel ist in dem Testament nicht enthalten.
Am ... 1974 schied die Mutter des Klägers durch Freitod aus dem Leben.
Der Vater des Klägers heiratete dann in dritter Ehe die Beklagte und schloss mit dieser am ... 2001 einen Ehe- und Erbvertrag, auf den Bezug genommen wird (Bl. 47 ff. d.A.). Darin widerrief er unter I. alle letztwilligen Verfügungen und setzte seine Ehefrau zu 40% und seine beiden Kinder zu jeweils 30% als Erben ein. In Ziffer F des Erbvertrags wurde aufschiebend bedingt u.a. für den Fall, dass ein Erbe gegen den anderen klagt oder zur Durchsetzung von Ansprüchen anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt, Testamentsvollstreckung angeordnet. Die Testamentsvollstrecker wurden zu Schiedsrichtern ernannt. Streitigkeiten der Erben und sonstiger Nachlass Beteiligter, die durch Verfügung von Todes wegen bedingt sind, werden unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch die Testamentsvollstrecker als Schiedsrichter entschieden. Zu dem Ehe- und Erbvertrag gibt es Nachträge vom ... 2003 und vom ... 2006. In dem Nachtrag vom ... 2003 wurde der Beklagten das Recht eingeräumt, Testamentsvollstreckung zu verlangen und die Testamentsvollstrecker zu benennen (Bl. 58 d.A.).
Der Kläger meint, zusammen mit seiner Schwester Erbe seines Vaters aufgrund des Testaments vom ... 1971 geworden zu sein. Er hält den erbrechtlichen Teil des Ehe- und Erbvertrages mit Nachträgen für unwirksam. Seine Eltern hätten sich durch die im Testament von 1971 getroffenen Regelungen wechselseitig gebunden. Der Halbsatz "soweit der überlebende Ehegatte nicht anders testiert" beziehe sich nur auf die Quote des Erbteils zwischen ihm und seiner Schwester, hierauf deuten auch die Pflichtteilsstrafklausel und die in Ziffer 5 getroffene Formulierung zur Testamentsvollstreckung hin ("soweit einer der Erben das 30. Lebensjahr nicht...