Leitsatz (amtlich)

Unfall mit Neuwagen: Schadenersatz mit Abrechnung auf Neuwagenbasis

 

Normenkette

BGB § 249; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Urteil vom 14.08.2018; Aktenzeichen 13 O 18/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.09.2020; Aktenzeichen VI ZR 271/19)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14.08.2018 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt teilweise wie folgt abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.180,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.12.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten 16 % und der Kläger 84 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 37.918,32 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfallereignisses vom XX.XX.2017 in Stadt1 in Höhe von insgesamt 37.923,32 EUR.

Die Beklagte zu 1) verursachte den Unfall. Das Fahrzeug der Beklagten zu 1) war zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert.

Der Kilometerstand des Fahrzeugs des Klägers betrug 517 km. Das Fahrzeug wurde am 25.10.2017 erstmals zugelassen. Das Gutachten der X vom 20.11.2017 weist Netto-Reparaturkosten in Höhe von 4.443,22 EUR und eine Wertminderung in Höhe von 1.000,00 EUR aus. Der Kaufpreis des bei dem Unfall beschädigten Fahrzeugs betrug 37.181,00 EUR.

Der Kläger begehrt ferner Zahlung der Sachverständigenkosten in Höhe von 712,32 EUR und einer Kostenpauschale in Höhe von 30,00 EUR. Eine Anschaffung eines neuen Fahrzeuges erfolgte bisher nicht.

Der Kläger hat gemeint, die umfangreichen Reparaturarbeiten rechtfertigten eine Abrechnung auf Neuwagenbasis. Es sei ihm nicht zuzumuten gewesen, das Fahrzeug nach durchgeführter Reparatur weiter nutzen zu müssen. Für den Kauf eines Neufahrzeuges habe es an den finanziellen Mitteln gefehlt.

Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben gemeint, die Durchführung der Reparatur sei zumutbar gewesen. Es fehle am Kriterium der Erheblichkeit des Schadens. Ferner habe berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger bisher noch kein neues Fahrzeug erworben hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 14.08.2018 der Klage ganz überwiegend stattgegeben und die Beklagten zur Zahlung von 37.918,32 EUR nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, im Hinblick auf den notwendigen Reparaturumfang müsse der Kläger eine Reparatur nicht hinnehmen. Von einem spurlosen Wechseln von Teilen könne nicht ausgegangen werden. Soweit sich die Beklagten darauf berufen, dass der Kläger noch kein Neufahrzeug erworben hat, würde sich diese Einrede überhaupt nur gegen die geltend gemachte Mehrwertsteuer richten. Insoweit sei die Einrede nicht erhoben worden. Der Anspruch hinsichtlich der Kostenpauschale sei nur in Höhe von 25,00 EUR begründet.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen. Zur Begründung führen sie aus, die Entscheidung des Landgerichts stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Durch die Reparatur entstehe kein massiver Eingriff in das Fahrzeuggefüge. Nach dem Austausch bzw. der Instandsetzung der Fahrzeugteile sei das Fahrzeug wieder voll funktionstüchtig. Es seien ausschließlich Fahrzeugteile betroffen, die im Rahmen einer fachgerecht durchgeführten Reparatur spurenlos ausgewechselt werden könnten. Es liege kein massiver und erheblicher Unfallschaden vor. Das Landgericht hätte ein Sachverständigengutachten zur Erheblichkeit des Schadens einholen müssen. Das Landgericht habe die Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt. Die Annahme, der Geschädigte könne auch dann die für die Anschaffung eines fabrikneuen Ersatzfahrzeugs erforderlichen Kosten verlangen, wenn er ein solches Fahrzeug nicht angeschafft hat, sei mit den schadensersatzrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 14.08.2018, Az.: 13 O 18/18, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Der Anspruch des Klägers auf Naturalrestitution manifestiere sich vorliegend darin, dass ihm ein unbeschädigtes Neufahrzeug zur Verfügung zu stellen sei. Der Kläger müsse sich nic...

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