Entscheidungsstichwort (Thema)
Unberechtigter Widerruf eines Darlehens einer Großbank in 04/2009
Leitsatz (amtlich)
Unerheblichkeit der Bezeichnung des Kunden als "Darlehensnehmer", der irrtümlichen Bezeichnung der Widerrufsbelehrung als "Widerrufserklärung", der Verwendung des Begriffs "Vertragsurkunde" für den Antrag, des Nichtabstellens des Fristbeginns auch auf die Alternative "Vertragserklärung Verbraucher", des Hinweises auf die Einzelwiderrufsbefugnis jedes einzelnen Darlehensnehmers, des überflüssigen Hinweises auf die Rechte beim Fernabsatz zu der Nichtbelehrung über die Pflichten der Bank nach einem Widerruf.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.06.2016; Aktenzeichen 2-10 O 341/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 10.06.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main, Aktenzeichen 2-10 O 341/15, wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das angefochtene und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines im April 2009 geschlossenen Darlehensvertrages über einen Nettokreditbetrag in Höhe von EUR 155.000,00 (Anlage K1) mit einem vereinbarten Zinssatz in Höhe von 4,35% p.a., festgeschrieben für 10 Jahre, zu dessen Absicherung eine Buchgrundschuld über EUR 155.000,00 bestellt wurde.
Hinsichtlich des Inhalts des Vertrages wird auf die Anlage K1 (Anlagenband) Bezug genommen. Die von der Beklagten verwendete und dem Vertragstext beigefügte Widerrufsbelehrung lautet wie folgt:
Widerrufsrecht für jeden einzelnen Darlehensnehmer
Der Darlehensnehmer ist an seine Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages gebunden, wenn er sie binnen zwei Wochen widerruft. Bei mehreren Darlehensnehmern steht dieses Widerrufsrecht jedem einzelnen Darlehensnehmer alleine zu.
Form des Widerrufs
Der Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.
Fristlauf
Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer
- ein Exemplar dieser Widerrufserklärung und
- die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde
zur Verfügung wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Adressat des Widerrufs
Der Widerruf ist zu senden an nachstehende Adresse der Bank
Bank1 AG E-Mail-Anschrift: ...@....com
Postkorb ... Telefax-Nummer: ... / ...
Straße1
Stadt1
Widerrufsfolgen
Hat der Darlehensnehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten, so kann er sein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogenen Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Kann der Darlehensnehmer die von der Bank erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistung ausgeschlossen ist; so ist er verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kann dazu führen, dass der Darlehensnehmer die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss. Dies gilt auch für den Fall, dass er die von der Bank erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt hat. Diese Verpflichtung zum Wertersatz kann der Darlehensnehmer vermeiden, wenn er die Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nimmt. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss der Darlehensnehmer innerhalb von 30 Tagen nach Absendung seiner Widerrufserklärung erfüllen. Die Bank muss ihre Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen 30 Tage nach Zugang der Widerrufsklärung erfüllen.
Ende der Widerrufsbelehrung
Die Darlehensvaluta wurde an den Kläger ausgezahlt. Anschließend bediente der Kläger das Darlehen entsprechend der vertraglichen Vereinbarung.
Mit Schreiben vom 24.02.2015 übersandte die Beklagte dem Kläger "vereinbarungsgemäß" einen Aufhebungsvertrag bezüglich des streitgegenständlichen Darlehensvertrages, welcher die Zahlung eines Aufhebungsentgelts in Höhe von 22.056,86 EUR vorsah. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen B 2 und B 3 (Anlagenband) verwiesen. Der Kläger nahm dieses Aufhebungsangebot durch Unterschrift vom 02.03.2015 an und zahlte in der Folge den dort ausgewiesenen Rückzahlungsbetrag an die Beklagte.
Mit Schreiben vom 11.03.2015 (Anlage K2, Anlagenband) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf des verfahrensgegenständlichen Darlehensvertrages. Die Beklagte wies dies zurück. Mit seiner Klage hat der Kläger im ersten Rechtszug zum einen die Rückzahlung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung (beziffert mit 22.217,71 EUR), die Zah...