Leitsatz (amtlich)

1. Darlegungs- und Beweislast für die rechtzeitige Inanspruchnahme einer Diensterfindung.

2. Zu den Anforderungen an die Manifestation des Willens eines Arbeitnehmers, eine frei gewordene Diensterfindung zu übertragen.

 

Normenkette

ANEG § 6 Abs. 2 Nr. 2; ANEG § 8l Nr. 3; BGB §§ 613a, 816

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-6 O 643/05)

 

Gründe

I. Wegen des Sach- und Streitstandes wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat durch Teilurteil über den im Wege einer Stufenklage geltend gemachten Auskunftsanspruch des Klägers entschieden. Es hat den Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB zuerkannt und hierzu ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe gem. § 816 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Schuldverhältnis, aus dem dem Kläger die geltend gemachten und zuerkannten Auskunftsansprüche zustünden.

Dem Rechtsverhältnis der Parteien aufgrund der streitgegenständlichen Erfindung liege nicht der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle vom 10.11.2004 (Anlage CBH 20, Bl. 136 d.A.) als vertragliche Grundlage zugrunde. Die Beklagte habe über die streitgegenständliche Erfindung als Nichtberechtigte verfügt, indem sie sie an die japanische Firma A GmbH (nachfolgend: A) übertragen habe. Denn die Diensterfindung sei frei geworden und habe dem Kläger zur Verwertung zugestanden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien würden sehr wohl durch den Einigungsvorschlag der Schiedsstelle bestimmt, den der Kläger angenommen habe. Gegenstand des Einigungsvorschlages sei auch die Frage gewesen, ob eine wirksame Inanspruchnahme der Diensterfindung des Klägers vorliege. Denn die unbestimmte Inanspruchnahme sei Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein Vergütungsanspruch dem Grunde nach entstehen könne.

Auch habe das landgerichtliche Urteil rechtsfehlerhaft eine einvernehmliche Überleitung der Erfindungsrechte zwischen den Parteien verneint. Der Kläger habe nach dem insoweit maßgebenden Empfängerhorizont einen Übertragungswillen eindeutig zum Ausdruck gebracht. Hierfür sei es nicht relevant, ob er zum Zeitpunkt der maßgeblichen Handlungen und Erklärungen Kenntnis von den Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitigen Inanspruchnahme der Diensterfindung gehabt habe.

Ein Schuldverhältnis gem. § 816 BGB bestehe zwischen den Parteien auch deshalb nicht, weil der Kläger die Übertragung der Erfindungsrechte auf die Firma A mit seinem Schreiben vom 20.1.2005 an die Schiedsstelle (Anlage CBH 21) verweigert habe. Darüber hinaus scheitere das Bestehen eines Schuldverhältnisses gem. § 816 BGB daran, dass die Beklagte den die streitgegenständliche Erfindung betreffenden Geschäftsbereich auf die Firma A übertragen habe, mit der Folge, dass A gem. § 613a BGB in alle Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen, einschließlich der des Klägers, eingetreten sei.

Schließlich stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auch deswegen nicht zu, weil die Geltendmachung unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoße. Denn der Kläger habe durch sein gesamtes Verhalten über Jahre hinweg den Eindruck erweckt, er wolle eine Zuordnung der Erfindungsrechte zu der Beklagten und nachfolgend zur Firma A.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft hierzu sein erstinstanzliches vorbringen.

Wegen des Weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das LG hat den Auskunftsanspruch mit Recht aus §§ 816 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 242 BGB zugesprochen.

Bei dem Verkauf der Erfindung durch die Beklagte an die Firma AGmbH handelte es sich um die Verfügung eines Nichtberechtigten. Denn weder hat die Beklagte die Erfindung betreffend die weichmacherhaltigen Polyvinylbutyrale wirksam als Diensterfindungen in Anspruch genommen, noch hat der Kläger die Erfindung auf die Beklagte übertragen, bevor diese die Rechte an die Firma A veräußerte.

Die Diensterfindung des Klägers ist frei geworden, da die Beklagte sie nicht gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 Arbeitnehmererfindergesetz rechtzeitig in Anspruch genommen hat. Die Erfindungsmeldung ging unstreitig am 30.1.2001 der Beklagten zu. Dies bestätigte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 29.5.2001, mit dem die Beklagte gleichzeitig ggü. dem Kläger die unbeschränkte Inanspruchnahme der Erfindung erklärte. Der Kläger hat den Empfang dieses Schreibens mit Datum vom 5.6.2001 erklärt. Die Frist für die Erklärung der Inanspruchnahme beträgt gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 Arbeitnehmererfindergesetz jedoch nur vier Monate und endete mithin am 30.5.2001. Die Beweislast für den rech...

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