Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollkaskoversicherung: Scheitern des Nachweises von Vandalismusschadens durch Erscheinungsbild
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 04.01.2017; Aktenzeichen 2 O 144/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 04. Januar 2017 (Az.: 2 O 144/16) wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger hat die Beklagte auf Regulierung eines Fahrzeugschadens in Anspruch genommen.
Der Kläger war Eigentümer und Halter des Fahrzeugs Marke1 (amtl. Kennzeichen: XX-XX ...) und unterhielt bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung, wobei wegen des genauen Inhalts der Versicherung auf den Versicherungsschein vom 11.11.2015 (Anlage B7, Bl. 108ff d.A.) und die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Vertragsbedingungen (nachfolgend: AKB, vgl. Anlage B9, Bl. 115ff d.A.) Bezug genommen wird. Nach Ziffer A.2.3.3 AKB umfasste der Versicherungsschutz "mut- oder böswillige Handlungen von Personen, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrauchen", wobei sich die Höhe der Ersatzleistung nach Ziffer A.2.6.2 - wenn das Fahrzeug nicht repariert wird - auf die Reparaturkosten bis zur Höhe des um den Restwerts verminderten Wiederbeschaffungswert belief.
Am 05.03.2016 erstattete der Kläger Strafanzeige gegen unbekannt, weil sein in Stadt1 an diesem Tag ordnungsgemäß geparktes Fahrzeug in der Zeit von 16.30 bis 20.30 komplett zerkratzt worden sei. Die Polizei fertigte noch an demselben Tag Lichtbilder von den Fahrzeugschäden an, wobei insoweit auf die in der Akte befindliche Lichtbildmappe (Az.: .../2016) verwiesen wird.
Der Kläger meldete den Schaden der Beklagten mit Schadensanzeige vom 19.03.2016. Dort gab er an, dass er das Fahrzeug am 28.10.2015 für einen Kaufpreis von 38.300 EUR erworben habe (vgl. Anlage B8, Bl. 112ff d.A.). Die Beklagte ließ den Schaden daraufhin durch einen ihrer Sachverständigen begutachten (vgl. Gutachten des Sachverständigen A, Anlage K1, Bl. 4ff d.A.), der u.a. feststellte, dass das Fahrzeug rundherum mit einem spitzen Gegenstand verkratzt worden sei, und Reparaturkosten von netto 11.385,40 EUR bzw. brutto 13.548,63 EUR ermittelte. Wegen der Einzelheiten des Schadensumfangs wird auf die im Gutachten befindlichen Lichtbilder (Anlage B2, Bl. 43ff d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hatte der Beklagten bereits im Oktober 2013 und im März 2015 Vandalismusschäden an seinen damaligen Fahrzeugen angezeigt, die von ihr jeweils reguliert wurden. Die Einzelheiten zu den Schadensbildern der beiden Vorfälle ergeben sich aus den Gutachten der DEKRA vom 14.10.2013 (Anlage B5, Bl. 66ff d.A.) und vom 19.03.2015 (Anlage B6, Bl. 85ff d.A.).
Mit Schreiben vom 06.04.2016 (Bl. 13 d.A.) lehnte die Beklagte die Regulierung des streitgegenständlichen Schadens ab, da nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen - insbesondere auch zu den vorangegangenen Vandalismusschäden - kein eintrittspflichtiges Schadensereignis vorliege, und kündigte den Vertrag.
Nachdem der Kläger der Beklagten vorgerichtlich zum Zwecke der Regulierung eine Kopie des Kaufvertrages übermittelt hatte (vgl. Anlage B1, Bl. 41 d.A.), die den Kaufpreis mit 38.300 EUR ausweist, und er diesen Preis auch in der Schadensmeldung vom 19.03.2016 angegeben hatte (Anlage B8, Bl. 113 d.A.), hat er sodann in erster Instanz mit Schriftsatz vom 06.09.2016 behauptet, ihm sei "nunmehr" aufgefallen, dass die Vertragsurkunde einen falschen Kaufpreise ausweise und dieser tatsächlich nur 33.000 EUR betragen habe, wobei die falsche Angabe in der Urkunde darauf beruhe, dass sein damals 14jähriger Sohn ohne sein Wissen aus der Ziffer 3 eine 8 gemacht habe.
Der Kläger hat das Fahrzeug am 13.04.2016 ohne Reparatur für 22.500 EUR veräußert.
Mit der vorliegenden Klage beansprucht der Kläger die von dem Sachverständigen ermittelten Bruttoreparaturkosten sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der Kläger hat behauptet, sein Fahrzeug sei am 05.03.2016 zwischen 16.30 und 20.30, nachdem er es in Stadt1, Straße1, abgestellt habe, durch unbekannte Personen im Rahmen eines Vandalismusschadens beschädigt und hierbei mit einem spitzen Gegenstand rundherum verkratzt worden. Als er mit seiner Ehefrau nach einem gemeinsamen Stadtbummel und anschließendem Restaurantbesuch wieder zum Fahrzeug gekommen sei, habe seine Frau vor dem Einsteigen den Schaden entdeckt. Vor dem Abstellen habe das Fahrzeug keine Schäden aufgewiesen. Er habe es noch am Mittag des 05.03.2016 mit seinem Sohn, dem Zeugen Z1, auf seinem Hof von Hand gewaschen, wobei sich das Fahrzeug in einem einwandfreien Zustand, ohne Beschädigungen befunden habe.
Die Beklagte hat den behaupteten Versicherungsfall mit Nichtwissen bestritten. Sie hat weiter behauptet, dass zahlreiche betrugstypische Indizien vorlägen, die in ihrer Gesamtheit den Schluss auf ein manipuliertes Ereignis rechtfertigten. Das Schadensbild spreche ...