Leitsatz (amtlich)

Arzthaftung: Zur Frage der Notwendigkeit einer Glaukombehandlung (hier: chronisches Offenwinkelglaukom)

 

Normenkette

BGB §§ 253, 823

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 12.04.2016; Aktenzeichen 4 O 67/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Limburg/Lahn vom 12. April 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die mit Klageantrag zu 2. erhobene Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen wird.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil des Landgerichts vom 12.04.2016 sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten als Erbe seiner während des vorliegenden Rechtsstreits am XX.XX.2014 verstorbenen Ehefrau und ehemaligen Klägerin, Frau A (im Folgenden Klägerin genannt), wegen einer angeblich fehlerhaften augenärztlichen Behandlung unter anderem auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch.

Die Klägerin, die von Kindheit an auf beiden Augen stark kurzsichtig war, befand sich seit Juli 1982 beim Beklagten in augenärztlicher Behandlung. Bereits zuvor wurde in der Klinik1 am 18.09.1980 bei ihr unter anderem ein Grauer Star am rechten Auge diagnostiziert, der am 14.01.1982 in der Klinik durch Entfernung der Linse operativ behandelt wurde. Im Juli 1986 stellte der Beklagte bei der Klägerin eine Hornhauttrübung fest, nachdem diese über "Nebelsehen" geklagt hatte. Da anlässlich einer folgenden Untersuchung der Klägerin in der Klinik1 ein Augeninnendruck von 22 mmHg gemessen worden war, veranlasste der Beklagte in der Folgezeit eine augendrucksenkende Behandlung mit Arteoptic 1% Augentropfen und stellte nach Messung des Augendrucks beider Augen der Klägerin am 11.08.1987 mit 20 mmHg die Behandlung auf Isoglaucon 1/8% um. In den folgenden Jahren trübte sich die Hornhaut des rechten Auges der Klägerin weiter ein, so dass der Beklagte im Juni 1990 zur Behandlung der Hornhauteintrübung (des Glaukoms) zusätzlich das Medikament Pilocarpol verordnete und die Behandlung entsprechend umstellte. Im Oktober 1994 wurde der Graue Star im linken Auge der Klägerin in der Klinik2 durch Einpflanzung einer Kunstlinse behandelt und im Januar 1995 erfolgte am rechten Auge eine Hornhauptverpflanzung bei gleichzeitiger Einpflanzung einer in der Regenbogenhaut verankerten Kunstlinse, wobei der Beklagte danach die augendrucksenkende Behandlung auf Timoptol-Augentropfen umstellte. Auch in der Folgezeit wurde bei der Klägerin in unregelmäßigen Abständen der Augeninnendruck gemessen und vom Beklagten bis zum Jahr 2006 verschiedene Präparate zur Minderung des Augeninnendrucks eingesetzt (Isoglaucon 1/8%, 1/4% Augentropfen, Pilomann 1% Augentropfen, Cosopt, Timophthal, Pilocarpin).

Am 09.06.2006 ermittelte der Beklagte die Sehschärfe des rechten Auges der Klägerin mit 0,1 und des linken mit 0,63 sowie einen Augeninnendruck rechts von 20 mmHg, worauf er die Klägerin in die Klinik2 überwies, wo am 14.06.2006 die Sehschärfe des rechten Auges mit 0,3 und des linken mit 0,6 sowie ein Augeninnendruck rechts von 20 und links von 19 mmHg gemessen wurden. Außerdem ergab eine Gesichtsfeldmessung eine mittlere Defekttiefe von 11,5 dB. Daraufhin wurde die Behandlung der Klägerin auf Empfehlung der Augenklinik mit Combigan Augentropfen fortgesetzt und vom Beklagten in unregelmäßigen Abständen der Augeninnendruck kontrolliert. Wegen einer vermuteten Unverträglichkeit der Combigan Augentropfen stellte der Beklagte die Behandlung auf Vividrin Augentropfen um. Nachdem die Klägerin Anfang November einen anderen Augenarzt aufgesucht und dieser eine Allergie gegen Konservierungsstoffe vermutet hatte, stellte der Beklagte am 06.11.2006 die Behandlung nunmehr auf Trusopt Augentropfen um. Nach erneutem Anstieg des Augeninnendrucks im April 2007 verordnete der Beklagte Pilocarpin 1 % Augentropfen.

Da der Beklagte am 02.07.2007 bei der Klägerin einen auf 24 mmHg und am 12.07.2007 auf 29 mmHg erhöhten Augeninnendruck festgestellt hatte, überwies er die Klägerin zur Anfertigung eines stationären Druckprofils in die Klinik2, wo sie sich vom 16. bis 25.07.2007 aufhielt. Dort wurde unter anderem eine Sehschärfe des rechten Auges von 0,1 festgestellt und bei einer Gesichtsfeldmessung eine mittlere Defekttiefe von 5,9 dB. Im Arztbericht vom 01.08.2007 empfahl der die Klägerin in der Augenklinik behandelnde Arzt, L, eine Fortsetzung der Behandlung mit Trusopt-Augentropfen und der zusätzlichen Gabe von Clonid Ophthal-Augentropfen. Am 12.09.2007 bat die Klägerin den Beklagten um Verordnung von Trusopt und Clonid Ophthal-Augentropfen, die sie sich allerdings bereits zuvor in der Apotheke selbst besorgt hatte. Die Ausstellung eines entsprechenden Rez...

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