Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Repräsentation durch den Ehegatten.
2. Zur Verwirkung nach § 12 Abs. 3 VVG.
Normenkette
VVG § 12 Abs. 3, § 61
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 18.06.2003; Aktenzeichen 10 O 126/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Wiesbaden vom 18.6.2003 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.938,14 EUR nebst Zinsen hieraus 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7.12.2000 zu zahlen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen, die Klage im Übrigen abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 10 %, die Beklagte 90 % zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben die Klägerin 3 %, die Beklagte 97 % zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige, insb. frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg. Die Klägerin kann gem. §§ 1, 49 VVG i.V.m. § 12 Nr. 1 Abs. 2e AKB Zahlung in Höhe des im Tenor ausgewiesenen Betrages aufgrund des Unfallereignisses vom ...2000 verlangen.
Da ein Berufungsangriff gegen die Feststellung des LG nicht geführt worden ist, dass dem Ehemann der Klägerin der Schuldvorwurf grobfahrlässige Herbeiführung des Unfalls gem. § 61 VVG zu machen ist, hängt die Entscheidung des Rechtsstreites davon ab, ob der Ehemann der Klägerin als ihr Repräsentant anzusehen ist sowie weiterhin davon, ob die gerichtliche Geltendmachung verspätet erfolgt ist. Damit war von einer unfallursächlichen objektiven und subjektiven groben Fahrlässigkeit des Ehemannes der Klägerin auszugehen, da der Ehemann der Klägerin objektiv die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Da auch subjektive Besonderheiten nicht dargetan sind, die im Einzelfall das Unterlassen der Beachtung der rot zeigenden Lichtzeichenanlage in einem milderen Licht erscheinen lassen, ist auch von einer subjektiven grobfahrlässigen Herbeiführung des Unfallereignisses auszugehen (BGH v. 8.7.1992 - IV ZR 223/91, MDR 1992, 945 = VersR 1992, 1085; v. 29.1.2003 - IV ZR 173/01, MDR 2003, 505 = BGHReport 2003, 428 [430] m. Anm. Reinert; OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2004, 77 f.).
Eine Zurechnung dieses danach objektiv und subjektiv grobfahrlässigen unfallursächlichen Verhaltens ihres Ehemanns müsste sich die Klägerin nur dann gefallen lassen, wenn ihr Ehemann Repräsentant gewesen ist. Für das Verhalten ihres Repräsentanten hätte die Klägerin nämlich wie für Eigenes einzustehen gehabt, so dass auch ihr ggü. der Leistungsausschluss aus § 61 VVG anzunehmen gewesen wäre (BGH v. 10.7.1996 - IV ZR 287/95, MDR 1996, 1011 = VersR 1996, 1229). Das Vorliegen der Repräsentanteneigenschaft kann in zweifacher Hinsicht begründet werden (BGH v. 21.4.1993 - IV ZR 34/92, MDR 1993, 957 = VersR 1993, 828). Zu unterscheiden sind der sog. Risikoverwalter und der Vertragsverwalter. Zum einen ist Repräsentant, wer in dem Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten ist. Repräsentant kann nur sein, wer befugt ist, selbständig in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfang für den Versicherungsnehmer zu handeln. Weiter hin kann ein Dritter dann als Repräsentant anzusehen sein, wenn er aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses die Verwaltung des Versicherungsvertrages eigenverantwortlich ausübt. Für die Bestimmung der Repräsentanteneigenschaft durch Übernahme der hier allein in Betracht kommenden Risikoverwaltung kommt es dabei nicht darauf an, wer die finanziellen Lasten des Fahrzeuges, wie Steuer, Versicherung, Betriebskosten, Reparaturen und Anschaffungskosten trägt. Die finanzielle Betreuung des Fahrzeuges hat mit der Risikoverwaltung nichts zu tun. Vielmehr kommt es darauf an, wer für die tatsächliche Betreuung des Fahrzeuges eigenverantwortlich zu sorgen hat. Repräsentant ist daher z.B., wem das Fahrzeug nicht nur längerfristig zur alleinigen Obhut überlassen worden ist, wer es geschäftlich und privat nutzen darf, und wer darüber hinaus für die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Fahrzeuges zu sorgen hat. Dabei ist auf die Durchführung der vorgeschriebenen Inspektionen, die Vornahme der erforderlichen Reparaturen und etwaige TÜH- und ASU-Vorführungen abzustellen. Gleichgültig ist, wer diese Aufwendungen bezahlt (BGH v. 10.7.1996 - IV ZR 287/95, MDR 1996, 1011 = VersR 1996, 1229). Entscheidend ist, ob sich der Versicherungsnehmer im Rahmen der Risikoverwaltung "der Verfügungsbefugnis und der Verantwortlichkeit" für den versicherten Gegenstand vollständig begeben hat (BGH v. 26.4.1989 - IVa ZR 242/87, MDR 1989, 801 = VersR 1989, 737; OLG Köln v. 14.9.1989 - 5 U 45/89, VersR 1990, 1270; OLG Frankfurt - 7 U 125/99).
Unter Zugrundelegung dieser ...