Normenkette
VVG §§ 6, 61
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-22 O 70/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 22. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 9.8.2001 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gem. § 543 ZPO abgesehen.
Gründe
Die zulässige, insb. frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das LG ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin aus dem zwischen den Parteien bestehenden Kaskoversicherungsvertrag für den Unfall vom 29.10.2000 Versicherungsschutz zu gewähren. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus dem zwischen den Parteien bestehenden Vollkaskoversicherungsvertrag ergibt sich aus §§ 1, 49 VVG i.V.m. §§ 12, 13 AKB. Die aufgrund des unstreitigen Unfalls des versicherten Pkw eintrittspflichtige Beklagte (§ 12 Nr. 1 IIe AKB) ist nicht aufgrund einer der Klägerin zuzurechnenden Obliegenheitsverletzung ihres Sohnes nach dem Eintritt des Unfalls leistungsfrei geworden (vgl. § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. § 7 Abs. 1 (2) Abs. 5 AKB). Der Senat kann es offen lassen, ob dem Sohn der Klägerin vorgeworfen werden kann, sich nach dem Unfall der Feststellungen der Art seiner Beteiligung durch Flucht entzogen zu haben, da dies der Klägerin nicht zugerechnet werden kann, so dass eine zur Leistungsfreiheit der Beklagten führende Obliegenheitsverletzung nicht angenommen werden kann. Die Beklage hat den ihr obliegenden Nachweis für die Repräsentanteneigenschaft des Sohnes der Klägerin nicht geführt, die allein eine solche Zurechnung erlaubt hätte. Für die Annahme der Repräsentanteneigenschaft ist es nämlich erforderlich, dass die Klägerin ihrem Sohn die Risikoverwaltung hinsichtlich des versicherten Fahrzeuges übertragen hatte, so dass er in diesem Bereich selbstständig in einem gewissen Umfang nicht unbedeutender Art für die Versicherungsnehmerin handelte (vgl. BGH VersR 1983, 828; v. 26.4.1989 – IVa ZR 242/87, MDR 1989, 801 = VersR 1989, 737). Die Annahme dieser notwendigen Voraussetzung der Repräsentanteneigenschaft rechtfertigt sich daraus, dass dem Versicherungsnehmer es aus Billigkeitsgründen nicht freistehen darf, die Lage des Versicherers dadurch wesentlich zu verschlechtern, indem er die versicherten Sachen aus der Hand gibt, die Obhut für sie aufgibt und durch Einschaltung von Sachwaltern zur Wahrnehmung der Risikoverwaltung die Risiken des Versicherers vergrößert (vgl. auch BGH v. 20.5.1981 – IVa ZR 86/80, MDR 1981, 999 = VersR 1981, 822; v. 10.7.1996 – IV ZR 287/95, MDR 1996, 1011 = VersR 1996, 1229 [1230]). Damit erscheint es weder angemessen noch aussagekräftig, für die Annahme der Repräsentantenstellung auf die überaus schwer feststellbare Frage abzustellen, ob eine vollständige Übertragung der vertragstechnischen Verwaltung erfolgt ist (vgl. Römer/Langheid, § 6 VVG Rz. 117; Bach, VersR 1990, 235 [236]). Für die Annahme der Repräsentantenstellung wäre es deshalb erforderlich gewesen, dass sich die Versicherungsnehmerin der Verfügungsbefugnis und der Verantwortlichkeit für den versicherten Gegenstand vollständig begeben hatte, was allein für die Einräumung einer Repräsentantenstellung ausreichte (vgl. BGH v. 26.4.1989 – IVa ZR 242/87, MDR 1989, 801 = VersR 1989, 737 [738]; OLG Köln v. 14.9.1989 – 5 U 45/89, VersR 1990, 1270). Der Umstand, dass der Zeuge O.E. der Sohn der Klägerin ist, gibt nichts für die Annahme einer Repräsentantenstellung her, da sich hieraus nicht herleiten lässt, dass sich die Versicherungsnehmerin der Verfügungsbefugnis über den versicherten Pkw vollständig begeben hatte. Damit war es erforderlich, dass die Klägerin den Zeugen nicht nur unter völliger Entäußerung eigener Obhut die tatsächliche Verfügungsbefugnis über die Sache übertragen hatte, sondern zusätzlich auch die alleinige Befugnis und Verantwortlichkeit für die Risikoverwaltung eingeräumt hatte (vgl. BGH v. 2.5.1990 – IV ZR 48/89, VersR 1990, 736; OLG Hamm r+s 1992, 342; LG Karlsruhe ZfS 1992, 129). Das kann aus dem Umstand nicht hergeleitet werden, dass der Zeuge Fahrer des versicherten Fahrzeuges gewesen ist. Für sich gesehen begründete dies nicht die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen der Repräsentanteneigenschaft (vgl. auch BGH v. 21.4.1993 – IV ZR 34/92, MDR 1993, 957 = VersR 1993, 828 [829]; r+s 1994, 284; OLG Hamm v. 25.10.1989 – 20 U 141/89, VersR 1990, 516; OLG Köln r+s 1994, 401; OLG Oldenburg r+s 1997, 10). Den Nachweis einer völligen Entäußerung der Verfügungsbefugnis durch die Klägerin hat die Beklagte nicht geführt. Weder steht es mit der für ein Urteil notwendigen Gewissheit fest, dass dem Sohn der Klägerin die ausschließliche Nutzung des Fahrzeuges übertragen war, noch dass ihm gleichzeitig die eigenverantwortliche Verpflichtung übertragen worden ist, das Fahrzeug im verkehrs- und betriebssiche...