Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzversicherung: Übergang des Versicherungsschutzes auf die Erben
Leitsatz (amtlich)
Bei der objektbezogenen Rechtsschutzversicherung fällt das versicherte Risiko mit dem Tod des Versicherten nicht weg, vielmehr geht der Vertrag auf dessen Erben über.
Normenkette
ARB § 29; BGB § 1922; ZPO §§ 103, 103 ff.; RVG-VV Nr. 1008
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 18.05.2010) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 18.5.2010 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass sich Ziff. 3 des Tenors nicht erstreckt auf die Freistellung von Gerichtskosten und von erstattungsfähigen Rechtsverfolgungskosten des Herrn Y.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 4.000 EUR.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist (§ 313a ZPO).
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten erweist sich als nicht begründet, soweit nicht die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist.
Die in Ziff. 1 des Tenors genannte Rechnung vom 4.2.2010, wie es richtigerweise dort heißen muss (Bl. 84 d.A.) lautet über 985,56 EUR und wurde erstinstanzlich reduziert auf 513,35 EUR. Davon hat das LG einen Betrag von 316,23 EUR zuerkannt. Nach der Erklärung der Beklagten im Termin vom 30.8.2011 werden die diesbezüglichen Einwände nicht mehr aufrechterhalten, so dass die Berufung insoweit zurückzuweisen war.
Ziff. 2 des Tenors betrifft die Rechnung vom 8.2.2010 über 4.122,04 EUR (Bl. 85 d.A.), wovon der Kläger restliche 1.722,91 EUR verlangt und vom LG zugesprochen erhalten hat. Gemäß Erklärung der Beklagten im Termin vom 30.8.2011 wird diesbezüglich nur noch eingewandt, dass dort die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 der Anlage 1 zum RVG sowohl bei der Geschäftsgebühr, als auch bei der Verfahrensgebühr angesetzt worden ist. Dieser Einwand ist nicht gerechtfertigt.
Der von der Beklagten geschuldete Deckungsumfang umfasst auch die Mehrvertretungsgebühr für die Erbengemeinschaft des ehemaligen Mitmieters X. Der Versicherungsschein (Bl. 11 d.A.) betrifft die A-Straße. in Stadt01, wo der jetzige Kläger eine Arztpraxis betrieb. Nach dem dort genannten "Vertragsinhalt" Bezug sich die Rechtsschutzversicherung nach § 29 ARB auf das gewerblich genutzte Objekt, mithin auf die Arztpraxis in der A-Straße. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers war Herr X bereits 1990 - bei Vertragsschluss - Mitmieter in dem Objekt A-Straße. Versichert nach § 29 ARB 75 sind Auseinandersetzungen aus Mietverhältnissen, soweit sich diese auf das im Versicherungsschein bezeichnete Objekt beziehen (vgl. Harbauer, 8. Aufl., ARB 75, § 29 Rz. 3, 11). Gegenstand der Rechtsschutzversicherung war die gesamte Arztpraxis. Nach dem nicht bestrittenen Anhörungsergebnis war das Objekt nicht aufgeteilt in zwei selbständige Teile, sondern sowohl für den Kläger, als auch für Herrn X gemeinsam nutzbar - mit Ausnahme des jeweiligen Behandlungsraumes. Es reicht aus, dass der Kläger und sein Mitmieter X dort nur eine Praxisgemeinschaft betrieben haben. Und dass Herr X dabei nicht als Psychiater, sondern als Diplom-Psychologe tätig war, steht in versicherungsrechtlicher Hinsicht der Objektbezeichnung "Arztpraxis" nicht entgegen.
Der nachfolgende Objektwechsel der beiden Versicherten in die gemeinsam betriebene Praxis B-Straße., Stadt01 (Bl. 12 d.A.), führt im Ergebnis dazu, dass der Versicherungsschutz auf das neue Objekt übergegangen ist, worüber die Parteien im Übrigen auch nicht streiten. Nach alldem war Herr X seit 1990 als Mitversicherter aus der Rechtsschutzversicherung anzusehen.
Durch den nachfolgenden Erbfall sind dessen Erben als Gesamtrechtsnachfolger automatisch Mitversicherte geworden (§ 1922 BGB). Denn bei der objektbezogenen Rechtsschutzversicherung fällt das versicherte Risiko mit dem Tod des Versicherten nicht weg, vielmehr geht der Vertrag auf dessen Erben über (vgl. Harbauer, ARB 2000, § 12 Rz. 17). Dies ist auch nicht unbillig und stellt keine unvorhersehbare Ausweitung des Versicherungsschutzes dar. Denn mit dem gesetzlichen Übergang auf Erben muss die Rechtsschutzversicherung immer rechnen. Etwas anderes hätte sich im Übrigen auch nicht ergeben, wenn der Kläger verstorben und dessen Rechtsnachfolger an seine Stelle getreten wären. Nach alldem gilt die Erhöhungsgebühr auch für die Erbengemeinschaft, die als Rechtsnachfolgerin des Herrn X wegen dessen Mietzinsverbindlichkeiten ebenfalls in Anspruch genommen worden ist.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Mehrvertretungsgebühr sowohl bei der Geschäftsgebühr, als auch bei der Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht worden ist. Verdient der Rechtsanwalt nacheinander eine Geschäfts- und eine Verfahrensgebühr - was vorliegend nicht in Abrede gestellt worden ist -, so sind b e i d e zu erhöh...