Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Einbeziehung von AGB in einen Kaufvertrag über eine Wertpapieranleihe zwischen Emittenten und Anleger (Verbraucher)
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.07.2003; Aktenzeichen 2-21 O 375/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.000 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 5.7.2001 zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung von 114 Aktien der A. mit der ISIN SE... aus dem Depot der Klägerin bei der Beklagten mit der Nummer... .
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet oder hinterlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Auf die vollständige Darstellung des Tatbestandes in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
Die Parteien haben in zweiter Instanz mitgeteilt, dass die Klägerin vorher bereits zweimal Aktienanleihen bei der Beklagten gekauft haben, wobei in einem Fall die Rückzahlung in Geld und in dem anderen Fall nach Wahl der Emittentin durch Lieferung von Aktien erfolgt sei (Bl. 205, 208).
Die Klägerin hat gegen das ihr am 5.8.2003 zugestellte Urteil am 4.9.2003 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 20.10.2003 verlängerten Frist begründet.
Die Klägerin hat ihre Anträge umgestellt. Sie verlangt nun nicht mehr Einlösung der Inhaberschuldverschreibung, sondern Rückzahlung des Nominalbetrages nebst Zinsen, gleichfalls Zug um Zug gegen Übertragung von 114 A.-Aktien. Hilfsweise macht sie einen Schadensersatzanspruch geltend. Dieser Betrag ist geringer als der Nominalbetrag, weil die Inhaberschuldverschreibungen zu einem Kurs von 98,2 % gekauft wurden. Auf den Gesichtspunkt der fehlenden Börsentermingeschäftsfähigkeit der Klägerin wird die Berufung in Anbetracht der Entscheidung BGH WM 2002, 803 ff. nicht gestützt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Inhaberschuldverschreibungsbedingungen beim Ankauf dieses Wertpapiers nicht einbezogen worden seien (Bl. 131). Es sei folglich zwischen den Parteien ein Vertrag mit einem Wahlrecht der Beklagten (Tilgung durch Rückzahlung oder Lieferung von 114 A.-Aktien) zustande gekommen, das die Beklagte in letztgenanntem Sinne ausgeübt habe (Bl. 135). Zur Anfechtung des Schreibens vom 2.6.2001, mit dem das Wahlrecht ausgeübt worden sei, sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen (Bl. 135).
Den hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruch stützt die Klägerin auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 WPHG. Die Beklagte habe es insb. verabsäumt, die Klägerin über das Risiko des Wertpapierkaufes zu belehren (Bl. 136).
Die Klägerin beantragt, in Abänderung des angefochtenen Urteils
1) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.000 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 5.7.2001 zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung von 114 Aktien der A. mit der ISIN SE... auf dem Depot der Klägerin bei der Beklagten mit der Nummer ...
2) hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.952,49 Euro nebst Jahreszinsen i.H.v. 4 % v. 12.7.2000 bis zum 4.7.2001, nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 5.7.2001 zu zahlen Zug um Zug gegen Übertragung von 114 Aktien der A. mit der ISIN SE... auf dem Depot der Klägerin bei der Beklagten mit der Nummer....
Die Beklagte ist der Auffassung, dass § 2 AGBG nicht beim Kauf von Inhaberschuldverschreibungen durch den ersten Erwerber gelten solle. Dies folge bereits aus den Erwägungen des Gesetzgebers (Bl. 153). Es könne nicht sein, dass die Bedingungen durch den Skripturakt der § 793 ff. BGB Bestandteil des so geschaffenen Wertpapiers geworden seien und dennoch eine Einbeziehung ggü. dem Erwerber erfolgen müsse (Bl. 154).
Hinsichtlich des Schadensersatzanspruches sei das tatsächliche Vorbringen der Klägerin verspätet. Im Übrigen habe die Beklagte die erforderlichen Informationen erteilt (Bl. 157). Es sei auch bekannt gewesen, dass die Klägerin wie in der Vergangenheit bereit gewesen sei, beim Wertpapierkauf ein hohes Risiko einzugehen (Bl. 158).
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Z.1 und Z.2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll vom 2.6.2004 (Bl. 179 ff.).
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig, insb. fristgerecht eingelegt und begründet. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Beklagte ist auf Grund des von ihr ausgeübten Wahlrechts zur Zahlung Zug um Zug gegen Lieferung der Aktien verpflichtet.
III. Die Voraussetzungen für eine zweitinstanzliche Klageänderung, § 533 ZPO n.F., liegen vor. Die Klageänderung ist offenbar sachdienlich und auf Tatsachen gestützt, die der ...