Leitsatz (amtlich)
1. Wettbewerbsverstoß durch unzureichende Widerrufsbelehrung bei Internet-Angebot.
2. Zur Frage der rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung von Wettbewerbsverstößen durch Mitbewerber
Normenkette
BGB § 312c; UWG § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 3-4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.07.2006; Aktenzeichen 3-12 O 92/06) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 21.7.2006 verkündete Urteil der 12. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. wird auf Kosten der Antragsgegnerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es unter Buchstabe a) des Tenors der einstweiligen Verfügung vom 8.5.2006 lautet:
"indem die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufs- oder Rücknahmebelehrung nach §§ 312c, 312d, 355, 356 BGB durch einen Link auf eine andere Seite erteilt wird und der Link wie in Anlage EV 2 zur Antragsschrift gekennzeichnet ist."
in Buchstabe b) der einstweiligen Verfügung vom 8.5.2006 angefügt wird: "wenn dies wie in der Anlage EV 2 zur Antragsschrift geschieht".
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Die Antragstellerin betreibt u.a. einen Internet-Versandhandel mit Bekleidungsgegenständen, mit dem sie nach ihrer eigenen Darstellung im Jahre 2006 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 14.12.2006 einen Umsatz von mindestens 150.000 EUR erzielt hat. Im Frühjahr 2006 hat die Antragstellerin unter Einschaltung ihres Prozessbevollmächtigten begonnen, Mitbewerber wegen Verletzung gesetzlicher Informationspflichten, insb. wegen unzureichender Belehrung über das Widerrufsrecht, abzumahnen. Sie hat seitdem etwa 200 Abmahnungen ausgesprochen; in etwa 80 dieser Fälle hat sie den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Im Zuge dieser Abmahnaktion nimmt sie im vorliegenden Verfahren auch die Antragsgegnerin wegen verschiedener Verstöße gegen die Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht auf Unterlassung in Anspruch.
Mit Urteil vom 21.7.2006 hat das LG die am 8.5.2006 erlassene Beschlussverfügung bestätigt. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung. Sie wirft der Antragstellerin insb. rechtsmissbräuchliches Verhalten (§ 8 Abs. 4 UWG) vor.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2 i.V.m. 313a Abs. 1, Nr. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Wie das LG mit zutreffenden Gründen angenommen hat, stehen der Antragstellerin die mit dem Eilantrag geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. §§ 312c BGB, Abs. 1 S. 1 Nr. 10 BGB-InfoV zu, da die beanstandete Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht wird und die Antragsgegnerin durch die Verwendung dieser Widerrufsbelehrung zugleich einen Wettbewerbsverstoß begeht, zu dessen Verfolgung die Antragstellerin als Mitbewerberin befugt ist; für eine missbräuchliche Ausnutzung dieser Befugnis (§ 8 Abs. 4 UWG) bestehen nach dem Sach- und Streitstand des vorliegenden Eilverfahrens e-benfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte.
1. Wie das LG mit ausführlicher Begründung überzeugend ausgeführt hat, wird die von der Antragsgegnerin erteilte Widerrufsbelehrung unter allen drei beanstandeten Gesichtspunkten den Anforderungen der §§ 312c Abs. 1 BGB i.V.m. Abs. 1 S. 1 Nr. 10 BGB-InfoV nicht gerecht.
Antrag zu a) (Verlinkung)
Die nach dem Gesetz erforderliche Widerrufsbelehrung ist in dem beanstandeten Internetauftritt (Anlage EV 2 zur Antragsschrift) mit der dort vorgenommenen Verlinkung nicht hinreichend klar und verständlich (§ 312c Abs. 1, Nr. 1 BGB) erteilt worden.
Es kann dahinstehen, ob entsprechend der bisher vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung (vgl. MMR 01, 529) zum Zwecke der Widerrufsbelehrung eine "Zwangsführung" des Nutzers in dem Sinne erforderlich ist, dass ein Kaufabschluss nicht getätigt werden kann, ohne dass der Besteller zuvor mit dem Text der Widerrufsbelehrung konfrontiert worden ist (ablehnend - allerdings für den Fall der Anbieterkennzeichnung - BGH v. 20.7.2006 - I ZR 228/03, BGHReport 2006, 1487 m. Anm. Reinholz = CR 2006, 850 m. Anm. Zimmerlich = WRP 2006,1507 - Anbieterkennzeichnung im Internet). Denn auch wenn man dies verneint, reicht ein Link auf die vollständige Widerrufsbelehrung nur aus, wenn die Kennzeichnung dieses Links hinreichend klar erkennen lässt, dass überhaupt eine Widerrufsbelehrung aufgerufen werden kann (vgl. bereits Senat Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 31.3.2006 und 20.6.2006 - 6 U 3/06). Es genügt nicht, dass der Käufer, der bereits um sein Widerrufsrecht weiß, mit mehr oder weniger Phantasie in der Lage ist, auf der Internetseite hierüber Näheres in Erfahrung zu bringen. Die Widerrufsbelehrung hat vielmehr auch den Zweck, den Käufer darüber zu informieren, dass ihm überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht. Diesen Zweck kann ein Link nur erfüllen, wenn seine Kennzeichnung bereits erkennen lässt, dass Informationen über ein Widerrufsrecht aufgerufen werden können ("sprechender Link"). Diesen Anforderungen wird die beanstandete Linkkennzeichnung aus...