Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Auslegung einer Unterhaltsvereinbarung, die eine konkludente Freistellungsvereinbarung beinhaltet
Leitsatz (redaktionell)
Aus einer von den Eltern vereinbarten Begrenzung des Kindesunterhalts, die schon mangels Beteiligung der betroffenen Kinder für diese keine Wirkung entfaltet, kann auf ein – konkludentes – Freistellungsversprechen der die Kinder betreuenden Mutter zugunsten des Vaters (über die Differenz zum gesetzlichen Unterhalt) nicht allein deswegen geschlossen werden, weil es der Mutter bewußt war, dass der gesetzliche Unterhalt durch die Vereinbarung nicht ausgeschöpft wird.
Normenkette
BGB §§ 134, 164 Abs. 1 S. 2, §§ 1410, 1601, 1629 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
AG Bad Schwalbach (Aktenzeichen 12 F 333/06) |
Nachgehend
Tatbestand
Die Parteien sind seit 1999 geschiedene Eheleute. Seit Anfang 1997 lebten sie getrennt. Aus der Ehe sind die Kinder A, geboren am ... 1986, B, geboren am ... 1987, C, geboren am ... 1990, D, geboren am ... 1992 und E, geboren am ... 1994, hervorgegangen. Nach der Trennung lebten zunächst alle fünf Kinder bei der Beklagten. A lebt seit 2003 bei dem Kläger. Während des laufenden Scheidungsverfahrens schlossen die Parteien am 15.6.1999 eine notarielle Vereinbarung zur Regelung der Scheidungsfolgesachen (Bl. 6 ff. d.A.). Diese enthält auch eine Regelung des Kindesunterhalts. Danach gingen die Parteien von einem um Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und Beiträgen zur Lebensversicherung der Kinder bereinigten Nettoeinkommen des Klägers i.H.v. 6.245,- DM und damit von einer Einstufung in die zehnte Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle aus. Im Hinblick darauf, dass eine Unterhaltsverpflichtung für mehr als drei Personen bestand, verständigten sie sich auf Unterhaltszahlungen entsprechend der achten Einkommensgruppe.
Der Kläger war während der Ehe bei der Fa. F beschäftigt. Seit 1.7.2003 ist er bei der Fa. G als Bereichsleiter Konzernrevision tätig. Am 7.3.2003 schlossen die Parteien in Kenntnis der bevorstehenden beruflichen Veränderung des Klägers eine privatschriftliche Vereinbarung (Bl. 19 f. d.A.), mit welcher sie die notarielle Regelung vom 15.6.1999 ausdrücklich abänderten. Darin vereinbarten sie ab 1.7.2003 die Zahlung von Kindesunterhalt entsprechend der neunten Einkommensgruppe und ab 1.1.2004 entsprechend der zehnten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle "mit Stand 1.7.2002". Die Festschreibung auf die zehnte Einkommensgruppe wurde als unabänderbar vereinbart, "solange der Unterhaltsverpflichtete Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in der Position als Bereichsleiter Konzernrevision bei der Fa. G-Gruppe bezieht". Eine Steigerung des Kindesunterhalts wurde für den Fall des Erreichens einer anderen Altersgruppe und ab 1.1.2004 aufgrund von Tariferhöhungen aus dem Tarifabschluss für das private ... gewerbe vereinbart. Im weiteren Verlauf verständigten die Parteien sich mündlich darauf, dass entgegen der Vereinbarung vom 7.3.2003 bei Änderungen der Düsseldorfer Tabelle eine Anpassung des Kindesunterhalts auf der Basis der zehnten Einkommensgruppe erfolgen sollte, hingegen Tariferhöhungen außer Betracht bleiben sollten.
Im Juni 2005 reichte die Beklagte als gesetzliche Vertreterin der Kinder bei dem AG Bad Schwalbach Stufenklage bezüglich des Kindesunterhalts ein (AZ: 12 F 440/05). Mit Teilurteil vom 28.11.2005 gab das AG der Klage in der Auskunftsstufe statt. Die Auskunftserteilung ergab sodann ein Nettoeinkommen des Kindesvaters von über 8.000 EUR monatlich und Mieteinkünfte i.H.v. rund 1.600 EUR monatlich. Den im Anschluss geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt i.H.v. 200 % des Regelbetrages erkannte der Kläger an, nachdem er sich zunächst gegen die Klage damit verteidigt hatte, der Geltendmachung höheren Unterhalts stünde die Vereinbarung vom 7.3.2003 entgegen. Am 19.6.2006 erging ein entsprechendes Teilanerkenntnis- und Schlussurteil.
Im hiesigen Verfahren nimmt der Kläger nunmehr die Beklagte ab April 2006 auf Zahlung der Differenz zwischen dem titulierten und dem zwischen ihnen vereinbarten Unterhalt (gemäß zehnter Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle = 170 % des Regelbetrages) in Anspruch.
Erstinstanzlich hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3212 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 1.4.2006 aus 2716 EUR, aus 248 EUR seit dem 3.4.2006 und aus 248 EUR seit dem 3.5.2006 zu zahlen, sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn von den Unterhaltsansprüchen der Kinder C, geb. am ... 1990, D, geb. am ... 1992 und E, geb. am ... 1994, ab dem 1.6.2006 freizustellen, soweit er verpflichtet ist, höheren Unterhalt als 170 % des Regelbetrages (10. Einkommensgruppe der Unterhaltstabelle) zu zahlen.
Durch Urteil vom 25.9.2006 hat das AG - Familiengericht - Bad Schwalbach der Klage vollumfänglich stattgegeben.
Hiergegen richtet sich die am 20.10.2006 eingelegte Berufung der Bek...