Entscheidungsstichwort (Thema)

Anlageberatung: Kriterien für die anlegergerechte Empfehlung von risikoreichen Zertifikaten

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.10.2011; Aktenzeichen 3-09 O 26/11)

BGH (Aktenzeichen X! ZR 144/13)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 25.10.2011 - 3/09 O 26/11, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung.

Gesellschaftszweck der Klägerin ist die Verwaltung des Vermögens ihrer Komplementäre, der Geschwister AC und BC.

BC wandte sich im Frühjahr 2006 an das Vorstandsmitglied der Beklagten, D, mit dem Ziel, einen Betrag von ca. EUR 12,0 Mio. über die Beklagte anzulegen. Am 20.2.2006 fand ein erstes Beratungsgespräch statt, in dem dem Komplementär ein grundsätzlicher Anlagevorschlag (Anlage B4) präsentiert wurde. Gegenstand dieses Anlagevorschlags waren unter der Überschrift "alternative Anlagen" auch die später gekauften L-Zertifikate.

Den L-Zertifikaten liegt folgende Struktur zugrunde:

Die eigens zu diesem Zweck gegründete L- PLC gewährte 62 mittelständischen Unternehmen in Deutschland, Belgien, Österreich, Italien und der Schweiz Kredite. Das Geld für die Kredite beschaffte sich die L - PLC durch Herausgabe von Anleihen ("Notes") von verschiedenen Investoren, wobei diese Notes zu unterschiedlichen Bedingungen begeben wurden. Die als Senior Notes herausgegebenen Anleihen wurden nur gering verzinst. Dafür erfolgten Zahlungen der Kreditnehmer auf diese im unmittelbaren Rang nach etwaigen Gebührenforderungen der beteiligten Finanzdienstleister. Demgegenüber waren die Junior Notes nachrangig. Zahlungen auf sie erfolgten erst nach Tilgung der Forderungen aus den Senior Notes. Dafür sollten sie jedoch deutlich höher als die Senior Notes verzinst werden. Die Junior Notes wurden von der K - PLC übernommen, die ihrerseits auf die Junior Notes bezogene L-Zertifikate emittierte, um den Ankauf zu finanzieren. Es wurden 18 verschiedene Zertifikate herausgegeben, die sich darin unterschieden, dass sie sich entweder nur auf die Couponzahlungen (Zinszahlungen) aus den Junior Notes oder aber auf die Kapitalzahlung bezogen, wobei die Zahlungen jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden sollten. Die Beklagte übernahm den Vertrieb der Zertifikate.

In einem weiteren Beratungsgespräch am 6.3.2006 stellte der Mitarbeiter der Beklagten, G, im Beisein des Vorstandsmitglieds D dem Komplementär der Klägerin auf der Grundlage der ihm übergegebenen Produktübersicht (Anlage K1) und der Präsentation (Anlage B9) die L-Zertifikate näher vor (Bl. 6/99/191 d.A.).

Am 15.3.2006 erstellte die Beklagte eine schriftliche Kundenexploration der Klägerin (Anlage B2). Deren Komplementär gab darin die schwerpunktmäßige Risikobereitschaft mit der höchsten Risikoklasse, der Klasse 5, an. Im Anschluss hieran erteilte die Klägerin einen Kaufauftrag für den Erwerb von 10 Zertifikat-Paketen im Wert von EUR 1,0 Mio., wobei jedes Paket EUR 100.000 ausmachte und jeweils 50 Bündel der Zertifikate der Serien IV-1 bis 18 enthielt. Im Kaufauftrag waren eine Kommission zugunsten des Lead Managers, der H Ltd., und die zwischen den Parteien verhandelte Provision für die Beklagte von EUR 500 pro Paket ausgewiesen (Anlage K5).

Weiterhin bestätigte der Komplementär der Klägerin auf einem Zusatzblatt, u.a. die Produktkurzinformation der Beklagten vom November 2005 (Anlage B8) erhalten zu haben.

Das L-Zertifikat mit der WKN A0G8AM wurde der Klägerin mit einem Gewinn von EUR 26.799,29 zurückgezahlt. Weitere Zahlungen erfolgten nicht. Ein Jahr nach der Zeichnung waren zwei Portfolio-Unternehmen insolvent. Im Dezember 2007 kam es zu Kapitalausfällen von EUR 42,0 Mio. bezogen auf die Gesamtsumme von EUR 360,0 Mio. des L-Programmes, dies entspricht 11,7 %, (Bl. 266/558 d.A.).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 4.2.2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. EUR 2.440.074,18 wegen Falschberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb der L-Zertifikate und weiterer zeitgleich gekaufter Anlageprodukte auf.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe EUR 8,0 Mio. in alternative Investments zu wertbeständigen, festverzinslichen Wertpapieren mit ausgewogener Risikostruktur anlegen wollen (Bl. 5 d.A.). Aufgrund der Schilderungen durch die Berater der Beklagten sei ihr Komplementär davon ausgegangen, dass es sich bei den L-Zertifikaten um ein Investment handele, das mit soliden Unternehmensanleihen guter Bonität vergleichbar sei, mithin ihren Anlagezielen entspreche (Bl. 8 d.A.). Dem Komplementär sei es nicht um spekulative ...

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