Leitsatz (amtlich)
Gegenüber seinen minderjährigen Kindern ist der Vater, der Unterhalt zu leisten hat, verpflichtet, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Zur bestmöglichen Einsetzung der Arbeitskraft gehört unter Umständen auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes.
Normenkette
BGB § 1601
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.05.2002; Aktenzeichen 402 F 2180/01) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteils des AG - FamG - Frankfurt/M. v. 23.5.2002 (Aktenzeichen 402 F 2180/01) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert des Berufungsverfahrens 9.490.75 Euro.
Gründe
Das AG - FamG - hat den Beklagten durch das angefochtene Urteil verurteilt Unterhalt für die gemeinschaftlichen Kinder M. und T., ab September 2000 zu zahlen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Urteils Bezug genommen. Das AG - FamG - ist davon ausgegangen, dass der Beklagte in der Lage ist, für beide Kinder den Mindestunterhalt zu zahlen. Der Beklagte habe sich nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes im Jahre 1998 nicht ausreichend bemüht, eine Arbeitsstelle zu finden, um den Mindestunterhalt für seine Kinder abzusichern. Das AG - FamG - ist davon ausgegangen, dass der Beklagte sich ein fiktives Einkommen i.H.v. 2.500 DM monatlich zurechnen lassen muss. Seine selbständige Tätigkeit als Kurierfahrer habe er aufgeben müssen, um den Mindestunterhalt nachhaltig zu sichern.
Der Beklagte trägt vor, dass er lediglich über einen Hauptschulabschluss verfüge und keine Berufsausbildung abgeschlossen habe. Die Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit sei ihm im Übrigen nicht zumutbar, da er mit steigender Tendenz Gewinne mache. Im Übrigen sei der Wechsel in die Selbständigkeit während des Zusammenlebens der Parteien und im Einvernehmen mit der Klägerin erfolgt.
Die zulässige, insb. form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Der Beklagte schuldet den beiden minderjährigen Kindern gem. § 1601 BGB den von dem AG - FamG - ermittelten Unterhalt.
Das AG - FamG - ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass dem Beklagten ein fiktives Einkommen zugerechnet werden kann. Der vom AG - FamG - in Ansatz gebrachte fiktive Einkommensbetrag i.H.v. ca. 2.500 DM ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Beklagten, ist ihm die Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit zumutbar. Soweit der Beklagte nunmehr behauptet, der Umsatz aus seiner Tätigkeit als Kurierfahrer sei im Jahre 2001 deutliche gestiegen, rechtfertigt dies im Ergebnis keine andere rechtliche Beurteilung für die Vergangenheit. Aus dem nunmehr von dem Beklagten vorgelegten Steuerbescheid für das Jahr 2001 ergibt sich, dass der Beklagte 2001 aus seinem Gewerbebetrieb 38.384 DM erzielt hat. Abzüglich des Ausgabenpauschbetrags für Versicherungsbeträge und der zu zahlenden Ein-kommenssteuer sowie des Solidaritätszuschlags verfügte der Beklagte somit über ein Nettoeinkommen i.H.v. 31.332,51 DM, was einem monatlichen Betrag i.H.v. 2.611 DM entspricht. Der Beklagte müsste somit jedenfalls ab dem Jahre 2001 auch bei Zugrundelegung seiner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit den Mindestunterhalt zahlen. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass er als Kurierfahrer 1.300 Euro erziele. Dem Beklagten verbleibt auch bei Zahlung des Mindestunterhalts der notwendige Eigenbedarf (Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.1999 = 1.500 DM, Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.2001 = 1.640 DM/840 Euro). Ob dem Beklagten nunmehr seine tatsächlichen Einkünfte oder ein fiktives Einkommen i.H.v. 2.500 DM anzurechnen ist, kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben. Der Beklagte kann sich jedenfalls nicht für die Vergangenheit darauf berufen, dass er durch seine selbständige Tätigkeit wesentlich geringere Einkünfte erzielt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte ggü. seinen minderjährigen Kindern verpflichtet ist, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen. Zur bestmöglichen Einsetzung der Arbeitskraft gehört unter Umständen auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes. Dem Beklagten, der sich bereits 1998 selbständig gemacht hat, war jedenfalls ab dem hier streitgegenständlichen Zeitraum (September bzw. 10.2000) zumutbar, eine bezahlte abhängige Tätigkeit zu suchen. Eine grundsätzlich von der Rechtsprechung zugebilligte Karenzzeit bei Gründungs- und Übergangsschwierigkeiten war jedenfalls nach Ablauf von 3 Jahren zu verneinen. Erwartet konnte ab diesem Zeitpunkt eine intensive und konkrete Eigenbemühung der Beklagten um eine angemessene Tätigkeit zu finden. Gemäß § 1603 Abs. 2 BGB trifft Eltern nämlich ggü. ihren minderjährigen Kindern die Pflicht, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen. Um den Mindestbedarf zu sichern, kann nach herrschender Rechtsprechung (Palandt, Kommentar zum BGB, 61. Aufl., § 1603 Rz. 58, m.w.N.) unter Umständen dem Unterhaltsverpflichteten sogar zusätzlich zur vollschichtigen Tätigkeit eine Nebentätigkeit zugemutet werden.
Der Beklagte schu...