Entscheidungsstichwort (Thema)

Nur eingeschränkte Feststellungs- und Auskunftsrechte beim Widerspruch gegen einen Lebensversicherungsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für eine auf die Feststellung der Wirksamkeit eines Widerspruchs gegen einen Lebensversicherungsvertrag und Feststellung der daraus resultierenden Pflicht zur Herausgabe der empfangenen Leistungen und gezogenen Nutzungen gerichteten Feststellungsklage fehlt das Feststellungsinteresse.

2. Ergeben sich die für eine Bezifferung des Herausgabeanspruchs erforderlichen Positionen bereits aus Mitteilungen des Versicherers, besteht kein weitergehender Auskunftsanspruch des Versicherungsnehmers.

 

Normenkette

BGB § 242; VAG a.F. § 10a; VVG a.F. § 5a; ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Urteil vom 24.09.2020; Aktenzeichen 9 O 232/19)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.09.2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an sie 3.515,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.01.2019 sowie weitere 413,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2019 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben mit Ausnahme der Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Amtsgerichts Idstein entstanden sind und die die Klägerin zu tragen hat, die Beklagte 66 % und die Klägerin 34 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Rückabwicklung eines Vertrags über eine Lebensversicherung nach Widerspruch bzw. Rücktritt geltend.

Die Klägerin beantragte unter dem 02.09.2004 bei der Beklagten den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung. Bei Antragstellung wurden ihr die "Vertragsunterlagen" übergeben, die Verbraucherinformationen zur fondsgebundenen Lebensversicherung, allgemeine Angaben über die Steuerregelung, illustrative Angaben über die Kostenbelastung des Versicherungsvertrages, Fondsinformationen, Bedingungen für die fondsgebundene Lebensversicherung, besondere Bedingungen, besondere Bedingungen für die Rentenoption, Hinweise zur Datenverarbeitung sowie eine Gebührentabelle beinhalteten.

Auf dem Antragsformular hatte die Klägerin zwei Unterschriften zu leisten. Mit ihrer ersten Unterschrift bestätigte die Klägerin die Richtigkeit ihrer Angaben und dass sie die auf der Rückseite stehende Schlusserklärung gelesen habe. Sie sei damit einverstanden, dass diese Schlusserklärungen und die Verbraucherinformationen Bestandteil dieses Antrags seien. Die zweite Unterschrift war unter dem folgenden in Fettdruck gehaltenen Text zu leisten: "Mir ist bekannt, dass ich innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung der Versicherungspolice zurücktreten kann. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn ich den Versicherungsschein erhalten habe. Ich bestätige, dass ich eine Durchschrift meines Antrages, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformationen für die fondsgebundene Lebensversicherung erhalten habe".

Auf der folgenden Seite finden sich die Schlusserklärungen, aufgeteilt in zwei Spalten. Im Original war die Rubrik "Schlusserklärungen" quittegelb unterlegt. In der linken Spalte findet sich unter der fettgedruckten Überschrift "Rücktrittsrecht" unten auf der Seite folgender Text: "Mir ist bekannt, dass ich innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Abschluss des Vertrages (d.h. nach Erhalt der Versicherungspolice) vom Vertrag zurücktreten kann. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die A mich über mein Rücktrittsrecht belehrt hat und ich die Belehrung durch meine Unterschrift bestätigt habe. Wenn die A die Belehrung unterlässt, erlischt mein Rücktrittsrecht einen Monat nach Zahlung des ersten Beitrags".

Die Beklagte nahm den Antrag an und übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 10.09.2004 den Versicherungsschein. In dem Schreiben ist folgender Hinweis enthalten: "Sie haben ein 2-wöchiges Rücktrittsrecht nach Erhalt dieser Police. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Rücktrittserklärung".

Die Klägerin zahlte Prämien in Höhe von 17.362,60 EUR. Zum 31.12.2015 wurde der Vertrag beitragsfrei gestellt.

Mit Schreiben vom 11.09.2018 kündigte die Klägerin den Vertrag mit sofortiger Wirkung und forderte die Beklagte auf, einen online ermittelten Fondswert in Höhe von 15.824,39 EUR an sie auszuzahlen. Die Beklagte akzeptierte die Kündigung zum 25.09.2018 und kündigte die Auszahlung eines Rückkaufswerts in Höhe von 15.868,99 EUR an.

Mit Schreiben vom 11.01.2019 widersprach die Klägerin dem Vertrag bzw. trat von ihm zurück und forderte die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Prämien nebst gezogenen Nutzungen auf. Die Beklagte lehnte dies mit E-Mail vom 17.01.2019 ab.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die bei Antragstellung erteilt...

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