Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadenersatzhöhe und Abmahnkosten bei illegalem Filesharing

 

Normenkette

UrhG §§ 97, 97a; ZPO § 287

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.11.2013; Aktenzeichen 2-3 O 39/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 7.11.2013 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 659,40 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.9.2012 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, die Tonaufnahme "X" (Interpret:...) im Internet öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen, insbesondere diese über Peer-to-Peer-Netzwerke (sog. Filesharing-Netzwerke bzw. Tauschbörsen) zum Herunterladen für Dritte verfügbar zu machen oder verfügbar machen zu lassen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte zur Unterlassung sowie zur Zahlung von 150 EUR Schadenersatz und 100 EUR Abmahnkosten verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat die Schadenshöhe gem. § 287 ZPO nach der Methode der Lizenzanalogie auf 150 EUR geschätzt, und dies mit der Erfahrung der Kammer im Hinblick auf den angemessenen Preis, der für einen legalen Download zu bezahlen sei, begründet. Die Abmahnkosten seien in den Schranken des § 97a Abs. 2 UrhG nur i.H.v. 100 EUR erstattungsfähig, da es sich um die erstmalige Abmahnung in einem einfach gelagerten Fall mit einer unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs handele.

Gegen das ihr am 13.11.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.11.2013 Berufung eingelegt. Sie wendet sich gegen die Teilabweisung ihres erstinstanzlichen Klagebegehrens.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr Vortrag zu Schadensgrund und -höhe habe dem Urteil als zugestanden zugrunde gelegt werden müssen, da die Beklagte der Forderung i.H.v. 400 EUR nicht entgegengetreten sei. Bei der Schätzung des Schadens auf 150 EUR habe das erstinstanzliche Urteil den Vortrag der Klägerin nicht gewürdigt und deren Beweisangebote nicht ausgeschöpft, so dass keine pflichtgemäße Ermessensausübung vorliege. Bei der kostenlosen Weitergabe in einem Peer-to-Peer-Netzwerk dürfe nicht auf eine stückzahl- oder umsatzorientierte Berechnungsmethode abgestellt werden, sondern müsse ein Vergütungsmodell mit pauschaler Vergütung, etwa wie im Bereich der Synchronisationsvergabe für Film und Fernsehen oder im Bereich Werbemusik, herangezogen werden. Dabei seien als Faktoren ein Lizenzzeitraum von mindestens einem Jahr, eine weltweite Nutzung und eine Rechtsverletzung in der marktrelevanten Erstverkaufsphase bezüglich eines "Charthits" mit hohem Marktwert zu berücksichtigen. Auf den Umfang der tatsächlich erfolgten Nutzung komme es nicht an. Eine Beschränkung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 97a Abs. 2 UrhG dürfe nicht angenommen werden, da weder ein einfach gelagerter Fall, noch - insbesondere im Hinblick auf eine weltweit wirkende "Paralleldistribution" im Rahmen der Internettauschbörse - eine unerhebliche Rechtsverletzung vorliege.

Die Klägerin beantragt, das am 7.11.2013 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. (Az. 2-03 O 39/13) teilweise, nämlich hinsichtlich des Tenors zu 1., zu 3. und zu 4. abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

a. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 982,50 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 19.9.2012 zu zahlen.

b. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 31.1.2014 Anschlussberufung gegen die Ausurteilung der Unterlassungsverpflichtung eingelegt, diese jedoch in der mündlichen Verhandlung vom 13.5.2014 zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt zuletzt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit dieses einen über den ausgeurteilten Betrag hinausgehenden Anspruch der Klägerin verneint.

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch nur zum Teil Erfolg.

1. Der Klägerin steht gem. § 97 Abs. 2 UrhG ein Anspruch auf Schadenersatz für die erfolgte Rechtsverletzung zu, den der Senat auf 200 EUR schätzt (§ 287 ZPO).

a) Die Klägerin ist zwar zu Recht der Auffassung, dass der Hinweis des LG auf die Erfahrung der Kammer in Urheberrechtssachen und die Kammerusancen in vergleichbaren Fällen eine wenigstens kurze Begründung der Entscheidung des konkreten Falls nicht ohne weiteres ersetzen kann (§ 313 Abs. 3 ZPO; ...

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