Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung der Vollstreckungssicherheit bei Verurteilung in Stellung einer Bauhandwerkersicherheit
Leitsatz (amtlich)
Bei vorläufig vollstreckbarer Verurteilung des Bestellers in Leistung einer Bauhandwerkersicherheit (§ 650f BGB n.F./§ 648a BGB a.F.) bemisst sich die nach § 709 ZPO festzusetzende Sicherheitsleistung des Unternehmers für die Vollstreckung der Hauptsache grundsätzlich nicht nach der vollen Höhe der Bauhandwerkersicherheit, sondern nach den voraussichtlichen Aufwendungen des Bestellers für die Stellung einer Avalbürgschaft.
Normenkette
BGB §§ 648a, 650 f.; ZPO §§ 709, 718, 887
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 23.10.2023; Aktenzeichen 2-32 O 51/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Vollstreckbarkeitsentscheidung aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23.10.2023 - 2-32 O 51/21 wird unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags abgeändert.
Das Urteil ist hinsichtlich der Hauptsacheentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 85.000,00 EUR und hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Teilurteil ist unanfechtbar.
Gründe
I. Das Teilurteil betrifft den Antrag der Klägerin vom 24.11.2023 (Bl. 806 f. d.A.), gemäß § 718 ZPO vorab über die Herabsetzung der ihr in dem erstinstanzlichen Urteil aufgegebenen Vollstreckungssicherheit zu entscheiden.
Die Klägerin nimmt die Beklagte nach auf § 648a Abs. 5 BGB a.F. gestützter Kündigung auf Leistung einer Bauhandwerkersicherheit gemäß § 648a BGB a.F. in Höhe einer Restvergütung von 781.263,09 EUR in Anspruch.
Zur Höhe der von ihr im Obsiegensfall zu leistenden Vollstreckungssicherheit hat die Klägerin erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass die Sicherheitsleistung nach den voraussichtlichen Aufwendungen der Beklagten für Sicherheitsleistung durch Bürgschaft zu bemessen sei. Dabei seien in Anlehnung an § 648a Abs. 3 Satz 1 BGB a.F. die üblichen Kosten einer solchen Bürgschaft, maximal aber 2 % p.a. anzusetzen, so dass die Sicherheitsleistung unter Ansatz von 2 % aus 781.263,09 EUR (= 15.625,26 EUR) bei einer geschätzten Laufzeit des weiteren Verfahrens von 5 Jahren bis zum Rechtskrafteintritt auf (5 × 15.625,26 EUR =) 78.123,31 EUR festgesetzt werden müsse. Eine darüber hinausgehende Sicherheitsleistung sei auch nicht im Hinblick darauf erforderlich, dass die Klägerin im Rahmen der Zwangsvollstreckung auch Sicherheitsleistung durch Hinterlegung wählen und die Beklagte auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe der Bauhandwerkersicherheit in Anspruch nehmen könne. Denn es sei nicht zu befürchten, dass von Gläubigern der Klägerin, die zudem nicht vorhanden seien, auf diesen zweckgebundenen Betrag Zugriff genommen werde, bevor er an die Hinterlegungsstelle gelangt ist.
Die Beklagte ist dem erstinstanzlich entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der für die Bemessung der Sicherheitsleistung maßgebliche, nach § 717 Abs. 2 ZPO ersatzfähige Vollstreckungsschaden mit dem vollen Betrag der zugesprochenen Bauhandwerkersicherheit zuzüglich eines Aufschlags von 10 % für Kosten und weitere Schäden angesetzt werden müsse. Falls die Stellung einer Bürgschaft durch die Beklagte im Vollstreckungsverfahren unterbleibe, stehe der Klägerin die Möglichkeit offen, sich im Verfahren nach § 887 Abs. 1 ZPO und in Ausübung des auf sie übergegangenen Wahlrechts der Beklagten für Sicherheitsleistung durch Hinterlegung zu entscheiden. In diesem Fall könne sie einen Betrag in Höhe der Bauhandwerkersicherheit nach § 887 Abs. 2 ZPO als Vorschuss auf die Hinterlegungssumme festsetzen lassen und sodann bei der Beklagten beitreiben. Der beigetriebene Betrag könne sodann durch Vollstreckung von Gläubigern der Klägerin oder auf sonstige Weise verloren gehen, so dass dieser Schadensverlauf für die Bemessung der Sicherheit zugrunde gelegt werden müsse.
Das Landgericht hat mit am 21.03.2023 verkündetem Urteil (Bl. 714 ff. d.A.) die Beklagte in der Hauptsache zur Leistung einer Bauhandwerkersicherheit von 781.263,09 EUR verurteilt und diese Entscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 859.389,39 EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Die Sicherheit sei nach dem gemäß § 717 ZPO aus einer ungerechtfertigten Vollstreckung zu erwartenden Schaden des Schuldners zu bemessen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass ihre Höhe innerhalb der Instanz nach § 318 ZPO unabänderlich sei. Die Sicherheitsleistung dürfe daher auf keinen Fall zu niedrig angesetzt werden. Für die Bemessung der Sicherheitsleistung sei hier damit der Betrag der ausgeurteilten Bauhandwerkersicherheit nebst einem Zuschlag für Kosten und weitere Vollstreckungsschäden maßgeblich. Denn sofern der Gläubiger nach § 887 Abs. 1 ZPO vollstrecke, die Hinterlegung von Geld nach § 232 Abs. 1 BGB wähle und dafür einen Vorschuss nach § 887 Abs. 2 ZPO v...