Verfahrensgang
LG Potsdam (Urteil vom 22.11.2023; Aktenzeichen 6 O 111/23) |
Tenor
1.1. Auf den Antrag der Beklagten wird das am 22.11.2023 verkündete Teilurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az. 6 O 111/23, hinsichtlich der Vollstreckbarkeitserklärung abgeändert.
Das vorgenannte Teilurteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 232.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der die Instanz abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Gründe
1. Der Antrag der Beklagten auf Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gem. § 718 Abs. 1 ZPO zulässig. Es liegt eine zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. §§ 517 ff. ZPO eingelegte Berufung der Beklagten vor. Auf die Erfolgsaussichten der Berufung kommt es im Verfahren nach § 718 ZPO nicht an. Vielmehr ist allein zu prüfen, ob die einschlägigen Vorschriften zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (§§ 708 ff. ZPO) ordnungsgemäß angewendet worden sind (vgl. OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 31.10.2019 - 2 U 35/19, juris Rn. 4; KG MDR 2009, 165; OLG Frankfurt, Teilurteil vom 16.02.2024 - 21 U 65/23, ibr-online). Der Senat entscheidet darüber durch Teilurteil, das durch die spätere Entscheidung in der Hauptsache auflösend bedingt ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.10.2022 - 6 U 131/22, juris Rn. 14).
2. Der Antrag ist teilweise begründet.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Bauhandwerkersicherheit gem. § 650f i.V.m. § 232 BGB in Höhe von 800.921,68 EUR betreffend die Leistungen der Gewerke HLS für das Bauvorhaben "N... B... 'S..., K...-Z...-Ring ..., ..., ... in 1... P..." sowie in Höhe von 674.770,57 EUR betreffend die Leistungen des Gewerks Elektroinstallation für das vorbezeichnete Bauvorhaben zu stellen. Das Teilurteil hat es für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt und zur Begründung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Schleswig vom 06.09.2023 (12 U 59/23, MDR 2023, 1413) ausgeführt, einer Sicherheitsleistung bedürfe es bei der Entscheidung über eine Sicherheitsleistung nach § 650f BGB nicht. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Gemäß § 709 S. 1 ZPO sind Urteile des Landgerichts, sofern sie nicht unter § 708 ZPO fallen, gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Höhe der Sicherheit ist gemäß § 108 ZPO nach freiem Ermessen durch Schätzung zu ermitteln. Bei der Ermittlung der Höhe der auszusprechenden Sicherheitsleistung nach § 709 S. 1 ZPO ist die Regelung des § 717 Abs. 2 S. 1 ZPO zu beachten. Danach ist der Gläubiger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Schuldner durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist.
a) Auf welche Höhe in Fällen der vorläufig vollstreckbaren Verurteilung des Bestellers zur Leistung einer Bauhandwerkersicherheit gem. § 650f BGB nach diesen Grundsätzen die von dem Unternehmer zu leistende Vollstreckungssicherheit bemessen werden soll, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.
aa) Nach der für den obsiegenden Unternehmer günstigsten Auffassung ist die Hauptsachenentscheidung einer Verurteilung auf Leistung einer Bauhandwerkersicherheit ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. OLG Schleswig a.a.O.; KG, Beschluss vom 11.07.2018 - 7 U 111/17). Dafür wird geltend gemacht, dass es von vornherein widersprüchlich erscheine, wenn Sicherheit für die Leistung einer Sicherheit geleistet werden müsse (vgl. KG a.a.O.). Zudem werde dem Auftragnehmer das Druckpotential genommen, das mit der Verpflichtung des Bestellers zur Stellung einer Bauhandwerkersicherheit angestrebt werde, falls er die Vollstreckung einer solchen Verurteilung nur durch Sicherheitsleistung und damit unter Inkaufnahme gerade derjenigen Liquidität erlangen könne, die ihm der Gesetzgeber mit der Bauhandwerkersicherheit verschaffen wollte (Vgl. OLG Schleswig a.a.O.).
bb) Nach der für den unterlegenen Besteller günstigsten Gegenauffassung ist die nach §§ 709, 108 ZPO von dem Unternehmer zu leistende Vollstreckungssicherheit auf den vollen Betrag der ausgeurteilten Sicherheit zuzüglich eines prozentualen Aufschlags im Bereich von 10 % für Vollstreckungskosten und Zinsen zu bemessen (vgl. OLG Hamm, NJW 2019, 1755; OLG Karlsruhe, Teilurteil vom 11. Oktober 2016 - 8 U 102/16, juris; Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl. § 709 Rn. 6; BeckOK ZPO/Ulrici, 2023, § 709 ZPO Rn. 5.3; Kniffka/Schmitz, ibrOK/Bauvertragsrecht, 2023, § 650f BGB Rn. 42 a.E.). Zur Begründung wird geltend gemacht, dass das bei Verurteilung zur Leistung einer Bauhandwerkersicherheit grundsätzlich dem Besteller zustehende Wahlrecht, ob er die nach § 650f BGB geschuldete Sicherheit durch Stellung einer Bürgschaft oder Hinterlegung von Geld leisten will, in entsprechender Anwendung der §§ 262, 264 Abs. 1 BGB auf den Unternehmer als Vollstreckungsgläubiger über...