Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Unzulässikeit einer Klausel in Rechtsschutzversicherungsverträgen, nach der das Risiko für die Wahrnehmung rechlicher Interessen für Beteiligungen an Kapitalanlagemodellen ausgeschlossen werden soll
Leitsatz (amtlich)
Folgende Klausel in einem Rechtsschutzversicherungvertrag ist unzulässig:
"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)."
Normenkette
WpPG §§ 3-4; KredWG § 1; UWG § 12; VerkaufsprospektG § 8f Abs. 2, § 13; UKlaG § 5; BGB § 307
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 14.04.2011) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 24. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. vom 14.4.2011 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft, es zu unterlassen, die nachfolgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf Rechtsschutzversicherungsverträge zu verwenden oder sich auf sie zu berufen, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)."
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 238 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.9.2010 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weiter gehende Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor Beginn ihrer Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils vollstreckten Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine qualifizierte Einrichtung gem. § 4 UKlaG, will mit der Verbandsklage nach dem UKlaG der Beklagten die Verwendung folgender Ausschlussklausel in von ihr verwendeten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Rechtsschutzversicherungsverträge untersagen lassen:
Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds).
Anlass ist u.a. die Weigerung der Beklagten, in Streitigkeiten ihrer Versicherungsnehmer mit Banken aus Anlass des Kaufs von Lehmann-Zertifikaten Versicherungsschutz zu gewähren. Die Klägerin hält die beanstandete Klausel für intransparent und in ihrer Gesamtheit für unangemessen. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der dort zuletzt gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Die Klägerin meint, der durchschnittliche Verbraucher könne nicht erkennen, dass es sich bei dem Begriff "Effekten" um einen Bestandteil juristischer, betriebswirtschaftlicher und bankentechnischer Terminologie handle. Es handle sich nicht um einen alltagssprachlichen Begriff. Der Begriff werde in rechtwissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen unterschiedlich verwendet. Welche Bedeutung der Versicherer der Ausschlussklausel zugrunde legen wolle, sei für den Verbraucher nicht zu erkennen. Eine weite bankwirtschaftliche Auslegung ermögliche einen ausufernden Ausschluss von Schadensfällen, insbesondere einer Vielzahl von Finanzgeschäften, mit dem der Versicherungsnehmer nicht rechnen müsse. Insbesondere sei aus dem Wortlaut nicht erkennbar, dass Streitigkeiten um Zertifikate ausgeschlossen sein sollten. Der Begriff sei auch nicht mit Hilfe von Lexika zu klären, weil sich dort häufig nur der Hinweis finde, es handle sich um einen Sammelbegriff für fungible/handelbare Wertpapiere. Kenntnisse darüber, welche Wertpapiere fungibel oder handelbar seien, seien von einem Laien aber nicht zu erwarten. Auch die Aufzählung von Beispielen trage nicht zur Verständlichkeit bei, zumal nicht zu erwarten sei, dass Verbraucher eine präzise Vorstellung von Anleihen und Investmentanteilen hätten. Der Begriff Effekten werde auch synonym für Wertpapiere verwendet. Die Verwendung in gesetzlichen Bestimmungen ste...