Leitsatz (amtlich)
Kündigt der mit der Vertretung der Partei im Anwaltsprozess beauftragte Rechtsanwalt das Mandat vor Abschluss des Verfahrens, ohne dazu durch vertragswidriges Verhalten der Partei veranlasst zu sein, und muss die Partei deshalb zwecks ordnungsgemäßer Vertretung einen anderen Rechtsanwalt beauftragen, haben die vom ursprünglichen Prozessbevollmächtigten bereits erbrachten Leistungen infolge der Kündigung für die Partei kein Interesse mehr, so dass der kündigende Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch gem. § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB verliert und die Partei bereits gezahlte Vergütung in der Höhe des an den neuen Prozessbevollmächtigten zu zahlenden Betrags gem. § 812 Abs. 1 Satz 2, Alt. 1 BGB zurückfordern kann (Ablehnung von OLG Karlsruhe, Urt. v. 8.3.1994 - 3 U 45/93, NJW-RR 1994, 1084 und KG, Urt. v. 12.10.2001 - 15 U 6025/00, NJW-RR 2002, 708 sowie OLG Schleswig, Urt. v. 14.12.2006 - 11 U 21/06, OLGReport Schleswig 2008, 232).
Normenkette
BGB §§ 627, 628 Abs. 1 S. 2, § 812 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 04.03.2010; Aktenzeichen 2-23 O 258/09) |
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 4.3.2010 - 2/23 O 258/09, wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.503,47 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit dem 8.9.2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten - einer Rechtsanwaltssozietat, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird - aus abgetretenem Recht die Rückzahlung von Vergütung für Rechtsanwaltstätigkeit und Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.
Der Verein ... e.V. (im Folgenden: Verein) beauftragte die Beklagte zu Beginn der 1990er Jahre mit der Durchsetzung von Ansprüchen wegen einer in Stadt1 an der Ostseeküste in Bundesland X gelegenen Immobilie. Nachdem der Verein mit der Beklagten vereinbart hatte, dass diese für ihre prozessualen Tätigkeiten mit den gesetzlichen Gebühren nach BRAGO vergütet wird, vertrat die Beklagte den Verein in einem Rechtsstreit gegen die A GmbH, der auf die Berufung des Vereins vor dem KG anhängig war. Das in diesem Verfahren am 13.3.2001 ergangene Urteil des KG hob der BGH mit Urteil vom 20.9.2002 (Anlage B 3) auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an einen anderen Senat des KG zurück. Das Verfahren, an dem die B GmbH & Co. KG als Streithelferin der A GmbH beteiligt war, forderte von der Beklagten umfangreiche Tätigkeiten, hinsichtlich derer auf die Ausführungen der Beklagten auf den Seiten 2 bis 22 des Schriftsatzes vom 17.12.2009 (Bl. 45 bis 65 d.A.) Bezug genommen wird. Die Beklagte stellte dem Verein für ihre Tätigkeit in diesem Verfahren den Gesamtbetrag von 42.330,36 EUR in Rechnung. Die Klägerin, die als Prozessfinanziererin tätig ist und das Verfahren vor dem KG für den Verein finanzierte - was die Beklagte wusste -, zahlte diesen Betrag an die Beklagte. Während des Weiteren Verlaufs des Verfahrens vor dem KG, in dem im Jahr 2004 schon weit fortgeschrittene Vergleichsverhandlungen wegen der Weigerung des Vereins scheiterten, wies die Beklagte den Verein und die Klägerin darauf hin, dass ihr eine Weiterbearbeitung der Sache auf der Grundlage der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung nicht möglich sei und forderte den Verein und die Klägerin mit Schreiben vom 29.6.2005 (Anlage B 162) zum Abschluss einer Honorarvereinbarung auf Stundenbasis auf. Obwohl die Klägerin den Abschluss einer solchen Vereinbarung mit E-Mail vom 18.7.2005 (Anlage B 163) als "nicht so einfach vorstellbar" bezeichnete, vertrat die Beklagte den Verein weiter in dem Verfahren vor dem KG. Mit Schreiben vom 26.2.2008 (Anlage K 1, Bl. 7 bis 9 d.A.), das an den Zweiten Vorsitzenden des Vereins Dr. C unter der Adresse des D gerichtet war, forderte die Beklagte den Abschluss einer beigefügten schriftlichen Honorarvereinbarung (Anlage K 2, Bl. 10-11 d.A.), die für die Tätigkeit der Beklagten ab dem 17.3.2008 eine Vergütung nach Zeit vorsah und als Auftraggeber neben dem Verein auch die Klägerin bezeichnete. Sowohl der Verein als auch die Klägerin antworteten darauf ablehnend. Auf ein weiteres Schreiben der Beklagten an die Klägerin und den Verein vom 4.3.2008 (Anlage B 165) antwortete der Zweite Vorsitzende des Vereins Dr. C für diesen mit einer E-Mail vom 12.3.2009 (Anlage K 3, Bl. 12 d.A.), in der er mitteilte, dass der Verein nicht zum Abschluss der von der Beklagten vorgeschlagenen Honorar-vereinbarung b...