Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf eines Darlehensvertrags zur Fahrzeug-Finanzierung im Falle der Rückveräußerung des Pkw an den Händler

 

Leitsatz (amtlich)

Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Rückgewährschuldverhältnis durch den Darlehensnehmer nach Widerruf ist nicht grundsätzlich deshalb rechtsmissbräuchlich, weil dieser das finanzierte Fahrzeug im Rahmen einer Rückkaufoption an den Händler veräußert hat.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 355 Abs. 3, § 357a Abs. 1, § 358 Abs. 2, 4, § 362 Abs. 2, § 492 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Urteil vom 25.11.2021; Aktenzeichen 7 O 1088/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 25.11.2021 - 7 O 1088/18 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.693,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

Von den Kosten des ersten Rechtszugs sowie des zweiten Berufungsverfahrens haben der Kläger 43 % und die Beklagte 57 % zu tragen. Die Kosten des ersten Berufungsverfahrens (..., OLG Frankfurt am Main) hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines vom Kläger erklärten Widerrufs seiner auf Abschluss eines Darlehensvertrags zur Finanzierung eines Pkw gerichteten Willenserklärung.

Der Kläger erwarb im Jahr 2015 von der X GmbH & Co. KG (im Folgenden: Händlerin) einen gebrauchten PKW1 zu einem Kaufpreis von 45.799,99 EUR.

Auf Vermittlung der Händlerin schlossen die Parteien am 22.05.2015 einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von 40.799,99 EUR mit einer Laufzeit von 48 Monaten. Die monatliche Rate betrug 343,16 EUR; zudem wurde eine Schlussrate von 27.022,00 EUR vereinbart. Auf Seite 1 von 9 der Vertragsurkunde hieß es: "Für ausbleibende Zahlungen wird Ihnen der gesetzliche Zinssatz für Verzugszinsen berechnet. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinnsatz". Weiter enthielt die Vertragsurkunde auf Seite 2 von 9 nachfolgende Widerrufsinformation:

(Von der Darstellung des nachfolgenden Bildes wird aus Datenschutzgründen abgesehen - die Red.)

Auf Seite 8 von 9 enthielten die Vertragsunterlagen zudem eine unterschriebene "Zusatzvereinbarung über die Rückkaufbedingungen", wonach die Händlerin das finanzierte Fahrzeug im Zeitpunkt der Fälligkeit der letzten Darlehensrate auf Wunsch des Klägers zu einem Kaufpreis von 27.022,00 EUR zurückkauft, sofern bestimmte Voraussetzungen vorliegen und das Fahrzeug einen bestimmten Zustand aufweist. Bezüglich des weiteren Inhalts der Vertragsdokumente wird auf Bl. 32-46 d.A. verwiesen.

Der Darlehensbetrag wurde im Juli 2015 vereinbarungsgemäß an die Händlerin ausgezahlt, der Kläger leistete zudem eine Anzahlung von 5.000,00 EUR. Im Juli 2015 nahm der Kläger die Ratenzahlungen auf und zahlte bis einschließlich Mai 2018 insgesamt 12.010,60 EUR an die Beklagte.

Mit Schreiben vom 16.05.2018 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung des Darlehensvertrages sowie des damit verbundenen Kaufvertrages auf. Er bot der Beklagten an, das finanzierte Fahrzeug an einen von der Beklagten zu benennenden Vertragspartner in seiner Nähe zu übergeben. Weiter erklärte er, dass alle nach Zugang des Schreibens bei der Beklagten geleisteten Zahlungen unter Vorbehalt der Rückforderung erfolgen. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 47 d.A. Bezug genommen.

Mit Vereinbarung vom 27.05./01.06.2019 verlängerten die Parteien den Darlehensvertrag bei gleichbleibender Ratenhöhe um zwei Monate. Die Schlussrate, welche nunmehr am 09.08.2019 fällig sein sollte, wurde auf 26.597,30 EUR angepasst (vgl. Anlage B1, Bl. 402 d.A.). Der Kläger nahm sodann die "Zusatzvereinbarung über die Rückkaufbedingungen" in Anspruch. Ausweislich der Abrechnung der Beklagten vom 14.08.2019 kaufte die Händlerin das finanzierte Fahrzeug wegen Minderkilometern zu einem Preis von 26.826,30 EUR an und zahlte den Kaufpreis zur Ablösung der Schlussrate an die Beklagte. Das Guthaben von 229,00 EUR wurde dem Kläger gutgeschrieben.

Der Kläger hat erstinstanzlich unter anderem die Auffassung vertreten, die Frist zum Widerruf des Darlehensvertrages sei Mai 2018 noch nicht abgelaufen gewesen, da die Widerrufsinformation nicht hinreichend deutlich sei und die Vertragsurkunde zudem nicht sämtliche Pflichtangaben enthalte. Die Widerrufsinformation enth...

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