Leitsatz (amtlich)
Kein Rechtsmissbrauch durch Mehrfachverfolgung gleichartiger oder ähnlicher Wettbewerbsverstöße, wenn sich die gleichartigen Verstöße nicht einheitlich feststellen lassen
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Urteil vom 05.03.2003; Aktenzeichen 20 O 259/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.3.2003 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Darmstadt wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung es zu unterlassen hat,
bei der Werbung für Geräte der Unterhaltungselektronik in Werbebeilagen einem eigenen Preis eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ggü. zu stellen, wenn diese zum Zeitpunkt der Werbung nicht oder nicht in der angegebenen Höhe existiert,
wie geschehen in einer Werbebeilage vom ... 6.2002 für einen Farbfernseher A ... zum Preis von 333 Euro und einer ggü. gestellten UVP von 519 Euro.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 60.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschwer der Beklagten: 50.000 Euro.
Gründe
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (Bl 73 ff. d.A.) wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, bei der Werbung für Geräte der Unterhaltungselektronik in Werbebeilagen einem eigenen Preis eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ggü. zu stellen, wenn diese zum Zeitpunkt der Werbung nicht oder nicht in der angegebenen Höhe existiert.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Beklagte habe in der Werbebeilage vom 3.6.2002 (Bl. 61 d.A.) durch die Werbung für einen A Farbfernseher für 333,- Euro mit der Angabe einer unverbindlichen Preisempfehlung von 519,- Euro gegen § 3 UWG verstoßen. Aufgrund der Vernehmung des Zeugen Z1 (Bl. 66 f. d.A.) stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es für das genannte Gerät, ein gesondert hergestelltes sog. Linien- oder Basic-Modell, keine unverbindliche Preisempfehlung gegeben habe. Auch wenn die Beklagte die fragliche Werbebeilage, in der sie neben drei anderen B-... als Verkaufsstelle genannt werde, nicht selbst erstellt habe, so könne doch nicht angenommen werden, dass die Werbemaßnahme ohne Kenntnis und Billigung der Beklagten geschehen sei. Die Aktivlegitimation der Klägerin folge aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Eine missbräuchliche Geltendmachung nach § 13 Abs. 5 UWG liege nicht vor, da die beiden anderen von der Beklagten angesprochenen Klagen beim LG Darmstadt vom 11.6.2002 - 12 O 383/02 - und vom 1.7.2002 - 14 O 435/02 - nicht denselben Wettbewerbsverstoß betroffen hätten.
Mit der Berufung hält die Beklagte an ihrer Auffassung fest, das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich (§ 13 Abs. 5 UWG). Die Klägerin sei gehalten gewesen, die Beklagte und die beiden in O1 ansässigen, ebenfalls zum C-/B-Konzern gehörenden, Schwesterunternehmen in einem Verfahren in Anspruch zu nehmen. Des Weiteren stellt die Beklagte in Abrede, dass die Parteien auf demselben (räumlichen) Markt tätig seien. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe nicht, da die Parteien keine gemeinsamen Kunden hätten. Zu der räumlichen Verteilung ihrer eigenen "Marktanteile" hat die Beklagte Marktforschungsdaten vorgetragen, die auf einer Erhebung aus November 2002 beruhen und über die Zusammensetzung der Kundschaft der Beklagten Auskunft geben sollen. Auf S. 2 des Schriftsatzes vom 10.5.2003 (Bl. 109 d.A.) wird insoweit Bezug genommen. Im Hinblick auf die Klägerin behauptet die Beklagte, diese habe noch nicht einmal in den O2 am nächsten liegenden Gebieten O3 und O4 irgendwelche Marktanteile.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung es zu unterlassen hat, bei der Werbung für Geräte der Unterhaltungselektronik in Werbebeilagen einem eigenen Preis eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ggü. zu stellen, wenn diese zum Zeitpunkt der Werbung nicht oder nicht in der angegebenen Höhe existiert, wie geschehen in einer Werbebeilage vom ...6.2002 für einen Farbfernseher A ... zum Preis von 333 Euro und einer ggü. gestellten UVP von 519 Euro.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen entgegen. Sie meint, der --Raum stelle ein einheitliches Wirtschaftsgebiet dar mit der Folge, dass dort tätige Unternehmen derselben Branche miteinander in Wettbewerb stünden. Die Klägerin behauptet, sie habe in erheblichem Umfang Kunden aus O5 und Umgebung. In diesem Zusammenhang weist sie auch...