Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Drittauskunft gem. § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG umfasst im Rahmen der dort geschuldeten Angaben zur "Anschrift" auch die E-Mail Adresse. "Anschrift" und "Adresse" sind gleichbedeutend; unter Berücksichtigung der geänderten Kommunikationsgewohnheiten umfasst "Adresse" auch die E-Mail-Adresse.
2. Die Herausgabe der Telefonnummer kann indes nicht unter Verweis auf die Verpflichtung, die Anschrift bekanntzugeben, verlangt werden. Anschrift und Telefonnummer verkörpern unterschiedliche Kontaktdaten. Der Begriff der "Telefonanschrift" ist auch nicht gebräuchlich.
3. Ebenfalls nicht geschuldet ist die Bekanntgabe der IP-Adresse, da dieser bereits - anders als der Anschrift - keinerlei Kommunikationsfunktion zukommt. Sie dient lediglich der Identifizierung des Endgerätes.
Normenkette
Enforcement Richtlinie Art. 8; TKG § 3 Nr. 2a, §§ 45m, 47, 104, 111; UrhG § 101 Abs. 2-3
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 03.05.2016; Aktenzeichen 2-3 O 476/13) |
Nachgehend
Tenor
1) Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3. Mai 2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über
1. denjenigen Nutzer, der unter dem X-Nutzernamen "A" den unter der URL http://www.x1 bis zum ....8.2013 abrufbaren Film "B" hochgeladen und öffentlich zugänglich gemacht hat, sowie
2. denjenigen Nutzer, der unter dem X-Nutzernamen "C" den unter der URL http://www.x2 bis zum ....10.2013 abrufbaren Film "D" hochgeladen und öffentlich zugänglich gemacht hat,
3. denjenigen Nutzer, der unter dem X-Nutzernamen "E" den unter der URL http://x3 bis zum ....9.2014 abrufbaren Film" D hochgeladen und öffentlich zugänglich gemacht hat,
durch Angabe der bei den Beklagten gespeicherten E-Mail-Adresse des Nutzers.
2) Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3) Von den Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin 60 % und die Beklagten jeweils 20 % zu tragen.
Von den erstinstanzlich angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Beklagten jeweils 20 % zu tragen. Von den erstinstanzlich angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat die Klägerin jeweils 60 % zu tragen.
Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 76 % und haben die Beklagten jeweils 12 % zu tragen. Von den im Berufungsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Beklagten jeweils 12 % zu tragen. Von den im Berufungsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat die Klägerin jeweils 76 % zu tragen.
Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
4) Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe dieses Betrages stellt. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils für die Beklagten vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages stellen.
5) Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht urheberrechtliche Auskunftsansprüche geltend. Sie behauptet, Inhaberin exklusiver Nutzungsrechte an den Filmwerken "B" und "D" zu sein.
Diese Filmwerke wurden - soweit vorliegend gegenständlich - in den Jahren 2013 und 2014 von drei verschiedenen Nutzern auf der Plattform der Beklagten zu 1) öffentlich zugänglich gemacht und jeweils mehrere tausend Mal abgerufen.
Die Beklagte zu 1) hat im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens insoweit Auskunft über die drei Nutzer erteilt, als sie erklärt hat, dass ihr Klarnamen und postalische Anschriften nicht vorlägen.
Die Parteien haben daraufhin erstinstanzlich die Klage im Hinblick auf die begehrte Auskunft über den Namen und die postalische Anschrift des Nutzers übereinstimmend (teilweise) für erledigt erklärt.
Die Klägerin begehrt nunmehr noch weitergehend Auskunft über E-mail-Adresse und Telefonnummer des jeweiligen Nutzers sowie derjenigen IP-Adressen, die von dem Nutzer zum einen für das Hochladen der gegenständlichen Datei und zum anderen zuletzt für einen Zugriff auf sein Y/X-Benutzerkonto verwendet wurden, jeweils nebst genauem Zeitpunkt dieses Zugriffs. Des Weiteren hat sie erstinstanzlich eine eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der erteilten Auskunft begehrt
Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, ein Anspruch auf die weiter geforderten Daten bestehe nicht.
Er ergebe sich insbesondere nicht aus § 101 Abs. 2, 3 UrhG. Die danach geschu...