Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Haftung des Betreibers von Datenbank mit Wirtschaftsinformationen für fehlgeschlagene Anlage
Normenkette
Rating-VO Art. 1
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Entscheidung vom 23.02.2016; Aktenzeichen 13 O 195/14) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 23. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des Betrages leistet, dessen Vollstreckung sie betreibt.
Gründe
Die Klägerin ist ein Finanzdienstleistungsunternehmen, das Kunden in Fragen der Vermögensbildung berät und ihnen Kapitalanlagen vermittelt.
Die Beklagte betreibt Datenbanken mit Wirtschaftsinformationen über Unternehmen zum Abruf für ihre Kunden und wertet Daten aus öffentlichen Registern aus. Die von der Beklagten ihren Kunden zur Verfügung gestellten Wirtschaftsinformationen können Einschätzungen über die Bonität eines Unternehmens enthalten. Diese Bonitätseinschätzungen werden durch vollautomatisierte, mathematisch-statistische Berechnungsmodelle und ohne menschliche Analyse und Prüfung ermittelt.
Die Beklagte bzw. die A GmbH, die am 01.07.2013 in die Beklagte hinein verschmolzen wurde, haben in den Jahren 2011, 2012 und 2013 positive Bewertungen hinsichtlich einer Fa. B KG abgegeben. Die B KG bot verschiedene Orderschuldverschreibungen mit unterschiedlichen Mindestlaufzeiten, Mindesteinlagen und Zinssätzen an.
Für die Jahre 2012 und 2013 erteilte die A GmbH der B KG auf einem einseitigen Papier die Rangnote "Top-Rating 1" (Anlagen K1 und K2).
Unterhalb dieser Notenvergabe findet sich auf dem Dokument für Jahr 2012 folgender Text:
"A GmbH freut sich zu bestätigen, dass B KG, Stadt1 zu den 4,8 % bestbewerteten Unternehmen im Juli 2012 in Deutschland zählt.
A GmbH hat 4,7 Millionen deutsche Firmen auf einer Skala von 1-6 im Bereich der Kreditwürdigkeit bewertet, wobei die '1' für ein Unternehmen das bestmöglich zu erreichende Ergebnis ist."
Das Zertifikat für das Jahr 2013 lautet wie folgt:
"A GmbH freut sich zu bestätigen, dass B KG, Stadt1 zu den 4,9 % bestbewerteten Unternehmen im Juli 2013 in Deutschland zählt.
C GmbH hat 4,7 Millionen deutsche Firmen auf einer Skala von 1-6 im Bereich der Kreditwürdigkeit bewertet, wobei die '1' für ein Unternehmen das bestmöglich zu erreichende Ergebnis ist."
Im Anschluss findet sich in beiden Zertifikaten folgender Text:
"Um ein Rating von '1' zu erreichen, dokumentiert die Firma B KG, Stadt1 dieses Ergebnis vor allem durch eine exzellente Darstellung im Bereich des Finanzwesens und ihre strukturierten Geschäftsabläufe".
In den Jahren 2011, 2012 und 2013 vergab die Beklagte der B KG die besondere Kategorie des Silberzertifikats (Anlage K6).
Mit diesen Ergebnissen bewarb die B KG den Vertrieb ihrer Orderschuldverschreibungen, wozu sie aufgrund einer gesonderten Zertifizierungsvereinbarung mit der Firma A bzw. der Beklagten auch berechtigt war.
So warb die B KG auf ihrer News-Seite vom 19.7.2012 damit: "Die B KG hat von der unabhängigen Ratingagentur A GmbH wiederholt ein Top-Rating erhalten. Mit Erreichung der Bestnote gehört das Stadt1 Emissionshaus zu den obersten 4,8 % der Wirtschaftsunternehmen in Deutschland. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Erhebung der als Fachverlag bekannten A-Gruppe über den hauseigenen CreditCheck" (Anlage K3).
In einem Halbjahresbericht 2013, der am 1.8.2013 veröffentlicht wurde, warb die B KG damit, dass sie von der Ratingagentur A für ihre überdurchschnittliche Eigenmittelausstattung mit der Top- Ratingnote "1" honoriert wurde (Anlagen K4 und K5).
Die Klägerin hat daraufhin ihren Kunden den Erwerb von Orderschuldverschreibungen der B KG mit einer Mindestlaufzeit von 90 Tagen empfohlen. Bei diesen hatte der Anleger die Möglichkeit, nach Ablauf der vertraglichen Mindestlaufzeit von 90 Tagen die Orderschuldverschreibungen mit einer Kündigungsfrist von 30 Tagen zu kündigen, so dass der Anleger bei diesem Anlageprodukt lediglich über einen Zeitraum von 120 Tagen vertraglich gebunden war.
Am 05.11.2013 fand im Auftrag der Staatsanwaltschaft Stadt1 eine Durchsuchung der Geschäftsräume der B KG wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs etc. statt. Am 13.11.2013 stellte die B KG Insolvenzantrag; das vorläufige Insolvenzverfahren wurde am 14.11.2013 vom Amtsgericht Stadt1 eröffnet. Die Klägerin empfahl unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Durchsuchung sämtlichen Anlegern die sofortige Kündigung der Orderschuldverschreibungen. Ab dem 05.11.2013 wurden keine Rückzahlungsforderungen der Anleger mehr bedient.
Die Klägerin hat sich von etlichen Anlegern Schadensersatzansprüche in einer Gesamthöhe von insgesamt 5.795.200,00 EUR gegen die Beklagte fiduziarisch abtreten lassen. Diese Ansprüch...