Entscheidungsstichwort (Thema)

Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages wegen Nichtabraten von aussichtsloser Klage gegen Unfallversicherung

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Urteil vom 21.06.2018; Aktenzeichen 5 O 53/18)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.06.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Gießen wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrages in Regress.

Die Klägerin ist die Rechtsschutzversicherin des A, einem ehemaligen Arzt, dem sie im vorliegenden Verfahren den Streit verkündet hat (im Weiteren: Streitverkündeter). Der Rechtsschutzversicherung lagen die Rechtsschutzbedingungen ARB 2012 zugrunde.

Die Klägerin gewährte Deckungsschutz für einen verlorenen Rechtsstreit des Streitverkündeten gegenüber der B-Versicherung vor dem Landgericht Stadt1 wegen Ansprüchen aus zwei bei dieser unterhaltenen Unfallversicherungen. Der Streitverkündete hatte die Beklagte zu 1) mit seiner vorgerichtlichen und prozessualen Vertretung beauftragt.

Hintergrund des Rechtsstreits vor dem Landgericht Stadt1 war, dass der Streitverkündete bei der B-Versicherung mit Beginn zum 05.12.1991 eine Unfallversicherung abgeschlossen hatte. Mitvereinbart wurden die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen der B-Versicherung (Stand 1994; im Weiteren: AUB). Außerdem schloss der Streitverkündete zum 01.01.2001 eine weitere Unfallversicherung bei der B-Versicherung ab, der die gleichlautenden Bedingungen zugrunde lagen (AUB 94, im Übrigen Stand 9.2001).

Beiden Versicherungen lagen außerdem die Besonderen Bedingungen zugrunde, die eine sogenannte Infektionsklausel für Ärzte vorsahen, nach der

"...als Unfälle auch solche in Ausübung der versicherten Berufstätigkeit entstandenen Infektionen gelten sollten, bei denen aus der Krankengeschichte, dem Befund oder der Natur der Erkrankung hervorgeht, dass die Krankheitserreger durch irgendeine Beschädigung der Haut, wobei aber mindestens die äußere Hautschicht durchtrennt sein muss, oder durch Einspritzen infektiöser Massen in Auge, Mund oder Nase in den Körper gelangt sind. Anhauchen, Anniesen oder Anhusten erfüllen den Tatbestand des Einspritzens nicht; Anhusten nur dann, wenn durch einen Hustenstoß eines Diphtheriekranken infektiöse Massen in Auge, Mund oder Nase geschleudert werden."

Außerdem war in § 15 Abs. 1 AUB entsprechend § 12 VVG a. F. geregelt, dass Ansprüche aus dem Unfallversicherungsvertrag in zwei Jahren verjähren. Die Verjährung begann danach in dem Jahr, in dem die Leistung verlangt werden konnte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Versicherungsunterlagen Bezug genommen.

Am 25.07.2005 infizierte sich der Streitverkündete bei der ärztlichen Behandlung einer selbst infizierten Familie mit einer Chlamydien-Pneumonie. Er erlitt in der Folge unter anderem eine Lungen-, Zwerchfell-, Rippenfell- sowie eine chronische Speiseröhrenentzündung, die zu einer 40 %igen Erwerbsminderung sowie einer entsprechenden Berentung führte.

Durch das im Rahmen der Prüfung der Erwerbsminderung von der Berufsgenossenschaft eingeholte Nachgutachten des Sachverständigen C vom 26.04.2012 erfuhr der Streitverkündete seinen eigenen Angaben zufolge erstmals, dass die Ursache für die 2005 erlittene Infektion nicht eine Tröpfcheninfektion war, sondern dass es sich bei den Chlamydien um intrazelluläre Bakterien handelte, deren Weitergabe über kleinste Gewebeteile erfolgte.

Am 09.02.2013 zeigte er daraufhin den Schadensfall bei der B-Versicherung an. Diese wies mit Schreiben vom 06.03.2013 Ansprüche unter Hinweis auf die verspätete Anzeige und die eingetretene Verjährung zurück.

Der Streitverkündete beauftragte zunächst die Rechtsanwaltskanzlei D & E mit der Verfolgung seiner Ansprüche gegenüber der B-Versicherung. Rechtsanwalt E wies in seinem Schreiben gegenüber der B-Versicherung darauf hin, dass erstmalig in dem Nachgutachten vom 26.04.2012 ein irreversibler Schaden an der Lunge festgestellt worden sei, weshalb erst ab diesem Zeitpunkt die Invaliditätsfristen hätten laufen können. Die B-Versicherung lehnte dennoch mit Schreiben vom 10.07.2013 jegliche Leistungen ab.

Der Streitverkündete beauftragte daraufhin die Beklagten mit seiner vorgerichtlichen Vertretung. Diese traten mit der Klägerin in Kontakt und baten um eine Deckungszusage für ihr außergerichtliches Tätigwerden gegenüber der B-Versicherung. Die Klägerin erbat mit Schreiben vom 13.05.2014 Unterlagen und Auskünfte zum Sachstand und zum Gegenstandswert. Die Beklagten informierten die Klägerin mit Schreiben vom 20.05.2014, woraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 04.06.2014 und 18.07.2014 um Vorlage des Anspruchsschreibens, des Ablehnungsschreibens, der Versicherungsunterlagen und der Gutachten zur Invalidität...

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