Leitsatz (amtlich)
Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen einer HCV-Infizierung, die durch ein Medikament ausgelöst wurde, das aus menschlichem Spenderblut hergestellt wird.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.03.2000; Aktenzeichen 2/22 O 360/98) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilend- und Teilgrundurteil des LG Frankfurt/M. - 22. Zivilkammer - vom 10.3.2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte mit der am 30.9.1998 eingereichten und am 23.10.1998 zugestellten Klage als Rechtsnachfolgerin der A. AG wegen einer erlittenen Hepatitis C-Infektion auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch.
Die am ... 1969 geborene Klägerin leidet an der seltenen Blutgerinnungsstörung, dem von Willebrand-Jürgens-Syndrom. Dies führt beim Auftreten akuter Verletzungen zu Gerinnungsstörungen, die dann mit Blutgerinnungspräparaten behandelt werden müssen. Nach einer Mandeloperation im Jahre 1973, wobei streitig ist, ob sie damals Fremdblut erhalten hat, und einem Klinikaufenthalt im ... 1976, währenddessen auch bereits Blutsubstitutionen stattgefunden haben, ist die Klägerin seit 1980 durch das ... zentrum des ...-klinikums in O1, Zentrum für ..., betreut worden. Im ... 1984 stürzte die Klägerin im Schwimmbad und zog sich einen Bluterguss zu. Sie wurde deshalb vom ...... bis ...... 1984 in der ...-klinik O1 stationär behandelt. In dieser Zeit erhielt sie zum Zweck der Substitution des fehlenden von Willebrand-Faktors insgesamt 17.000 Einheiten XYZ der A. AG. Dieses Medikament wird aus menschlichem Spenderblut, und zwar aus einem Pool von bis zu 10 Spendern, hergestellt. Das Blut bzw. das Medikament wurde bis 1984 nicht hitzesterilisiert. Das der Klägerin verabreichte XYZ stammte aus verschiedenen Produktionschargen. Wenige Tage nach der Klinikentlassung musste die Klägerin sich wieder für einige Wochen in stationäre Behandlung begeben, weil in der am Entlassungstag entnommenen Blutprobe auffällige Leberwerte festgestellt worden waren. Wegen Müdigkeit, Schwäche und Appetitlosigkeit bestand u.a. der Verdacht einer Non A/Non B-Hepatitis. Die Klägerin verblieb einige Zeit in stationärer Behandlung. In einem für eventuelle Blutungskomplikationen während einer Klassenfahrt der Klägerin in die frühere DDR am ... 1985 verfassten Begleitschreiben hielt die damalige Leiterin der ...-Ambulanz, Frau Professor B, fest, bei der Patientin sei es im ... 1984 im Gefolge einer Faktorensubstitution zu einer Non A/Non B-Hepatitis gekommen.
Im Jahr 1986 wurde die Klägerin darüber unterrichtet, dass bei ihr schon 1984 eine HIV-Infektion festgestellt worden war. Die Klägerin beauftragte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung ihrer Ersatzansprüche. Dieser führte am ... 1989 ein Gespräch mit Vertretern der Haftpflichtversicherung der A. AG. Mit Schreiben vom ... 1989 dankte die Versicherung für das Gespräch "in dem wir die Sach- und Rechtslage im Zusammenhang mit der HIV-Infektion von Frau C D erörtern durften". Man einigte sich auf eine vorbehaltlose Erledigung im Vergleichswege mit einem Abfindungsbetrag von 75.000 DM. Dem Schreiben war ein als "Abfindungserklärung i.V.m. unserem Schreiben vom ... 1989" überschriebenes Formular beigefügt, das die Klägerin am ... 1989 unterzeichnete. Sie erklärte sich darin für alle Ersatz-ansprüche gegen die A. gegen Zahlung von 75.000 DM für abgefunden. Das sollte auch für alle nicht vorhersehbaren Schäden und Spätfolgen gelten. Die Versicherung zahlte die Abfindung an die Klägerin aus.
In der Folgezeit konnte sich die Klägerin entgegen dringenden Ratschlägen ihrer Lehrer und des Schulleiters nicht zu einer akademischen Ausbildung entschließen, obwohl sie im Jahre 19 ... mit dem besten Notendurchschnitt ihrer Schule das Abitur bestanden hatte. Nach ihrem eigenen Vortrag in der Klageschrift, den der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im zweiten Rechtszug insoweit als missverständlich formuliert bezeichnet hat, hatte sie im Bewusstsein gelebt, in Folge der kombinierten HCV- und HIV-Infektion ohnehin nicht erwachsen werden zu dürfen, so dass die Mühe einer akademischen Ausbildung zwecklos sei. Zugleich entwickelte sich 19 ... eine Magersucht, in deren Folge eine zwischenzeitliche Gewichtsreduzierung auf 32 Kilogramm eintrat. Sie musste sich, wie sie ebenfalls in der Klageschrift dargelegt hat, regelmäßig auch zur Behandlung der HCV-Infektion (anfangs noch Hepatitis Non A/Non B genannt) in das ...-klinikum zur Behandlung begeben. Wichtigster persönlicher Gesprächspartner der Klägerin innerhalb der Zeit seit ihrer HCV-Infizierung war der jetzt in der ...... schule in O...