Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Recht des Krankenversicherers auf Tarifänderung wegen einer bestehenden Beihilfeberechtigung des Versicherungsnehmers
Normenkette
VAG § 21; VVG §§ 51, 55, 178a, 178e
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.05.2005; Aktenzeichen 2/23 O 45/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. - 23. Zivilkammer - vom 19.5.2005 - 2/23 O 45/04 -wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 115 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheit kann durch schriftliche, unbefristete, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes erbracht werden.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 11.641,66 EUR. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem seit über 40 Jahren bestehenden Krankenversicherungsvertrag wegen einer durchgeführten tariflichen Umgruppierung im Hinblick auf ihre Beihilfeberechtigung in Anspruch.
Die Klägerin ist zu den Tarifen A 15 und S 13 krankenversichert, nämlich zu 100 %. Daneben ist sie als Witwe ihres im Jahre 1999 verstorbenen Ehemannes, welcher Beamter des Landes Hessen war, beihilfeberechtigt. Mit Schreiben vom 16.1.2004 (Bl. 11 f. d.A.) teilte der Beklagte mit, in Anwendung des § 178e VVG werde der Tarif der Klägerin an den bestehenden Beihilfebemessungssatz angepasst und der Klägerin ein kostengünstiger Beihilfetarif gewährt. Mit Schreiben vom 19.1.2004 (Bl. 13 f. d.A.) erhielt die Klägerin von dem Beklagten demgemäß einen Nachtrag zum Versicherungsschein, der ab dem 1.2.2004 die neuen Tarife BA 30 und BP 40 ausweist. Die Klägerin widersprach dem mit Fax vom 28.1.2004 (Bl. 15 d.A.).
In der Folgezeit rechnete der Beklagte nach den neu festgesetzten Tarifen ab, so dass insgesamt 6.835,89 EUR nicht erstattet wurden, die der Klägerin nach den alten Tarifen zugestanden hätten. Unstreitig ist ferner, dass die Klägerin Beiträge von 1.338,70 EUR und 960,51 EUR an den Beklagten zahlte und von diesem zurück überwiesen erhielt.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sie nach wie vor zu den alten Tarifen versichert ist und dass die Beklagte nicht berechtigt ist, erhaltene Beihilfen auf die Versicherungsleistungen anzurechnen. Ferner verlangt die Klägerin Zahlung von 4.336,68 EUR, nämlich den Differenzbetrag aus den Leistungen, die der Klägerin nach den alten Tarifen zustünden abzgl. der dem Beklagten hierfür zustehenden Versicherungsbeiträge.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei nicht berechtigt, im Hinblick auf ihre Beihilfeberechtigung eigenmächtig den Versicherungstarif aus dem zwischen den Parteien bestehenden Krankenversicherungsvertrag zu ändern.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass die Klägerin bei dem Beklagten auch nach dem 1.2.2004 in den Tarifen A 15 und S 13 versichert ist und der Beklagte nicht berechtigt ist, auf seine Versicherungsleistungen den Erhalt von Beihilfen in Krankheits- und Todesfällen, für Maßnahmen zur Früher kennung von Krankheiten und für Schutzimpfungen anzurechnen,
2. den Beklagten zur Zahlung von 4.336,68 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.12.2005 an die Klägerin zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, seine Berechtigung zur Anpassung ergebe sich aus § 178 a, 55, 51 VVG. Das Verbot der Überversicherung rechtfertige die Tarifumstellung. Jedenfalls ergebe sich die Berechtigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, weil ihm zu Beginn der Versicherung die Beihilfeberechtigung der Klägerin nicht bekannt gewesen sei.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang entsprochen. Der Beklagte sei zu einer Tarifänderung im Hinblick auf die Beihilfeberechtigung der Klägerin nicht befugt gewesen, auch wenn die Klägerin dadurch insgesamt mehr an Erstattungen erhalte, als sie für ihre Krankheitskosten tatsächlich aufzuwenden habe. Eine Berechtigung zur Tarifänderung ergebe sich weder aus dem VVG noch aus Allgemeinen Grundsätzen. § 178e VVG gebe nur dem Versicherungsnehmer einen Anspruch aus Vertragsänderung. § 178a VVG verweise zwar auf §§ 51 und 55 VVG; jedoch berechtigten diese Bestimmungen nicht zur vorgenommenen Vertragsänderung. § 51 VVG enthalte kein generelles Verbot der Überversicherung, sondern berechtige lediglich dazu, die Versicherungssumme dem Wert des versicherten Interesses anzupassen. Eine solche Diskrepanz bestehe indessen nicht, weil der Beitragssatz dem Prozentsatz der gewährten Erstattungsleistungen entspreche. Dass das versicherungsrechtliche Bereicherungsverbot nicht absolut gelte und Versicherungsleistungen nicht generell nachrangig zu sonstigen, namentlich gesetzlichen Erstattungsleistungen seien, ergebe sich aus § 5 Abs. 3 MBKK, der ein Freiwerden der Versicherung ...