Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutzfähigkeit von Designrechten für LED-Spiegel
Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Gemeinschaftsgeschmackmuster in einer schwarz-weiß konturierten Umrissdarstellung eingetragen, beansprucht es unabhängig von einer konkreten Farb- und Kontrastgebung Schutz für die Gestaltung. Es kann sich bei dieser Art der Darstellung aber ergeben, dass bestimmte Merkmale der Gestaltung (hier: beleuchteter Abschnitt) mangels hinreichender Erkennbarkeit nicht am Schutz teilnehmen.
2. Liegt eine Entgegenhaltung als fotografische Abbildung vor, die auch Farben, Materialien und Kontraste erkennen lässt, ist sie beim Vergleich mit dem in einer verallgemeinernden Form als Umrisszeichnung vorliegenden Geschmacksmuster gedanklich ebenfalls zu abstrahieren.
Normenkette
GGV Art. 4, 6, 8, 19, 21, 85
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.10.2020; Aktenzeichen 3-12 O 57/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 30.10.2020 verkündete Urteil der 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main abgeändert.
Die Verfügungsanträge zu 2. a), e) und f) werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die angebliche Verletzung von Designrechten.
Die Antragstellerin ist auf dem Gebiet der Entwicklung, Herstellung und des Vertriebs von Spiegeln, insbesondere sogenannter LED-Spiegel, tätig. Die Antragsgegnerin vertreibt ebenfalls LED-Spiegel über ihren Onlineshop. Beide Parteien beziehen ihre Spiegel von dem chinesischen Werk "A". Zwischen der Antragstellerin und A besteht ein Rahmenvertrag aus dem Jahr 2014.
Die Antragstellerin ist Inhaberin unter anderem folgender für Spiegel eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster:
(Die Muster enthaltenen jeweils mehrere Perspektiven, wovon im Folgenden nur die Vorder- und Rückansicht dargestellt werden.)
Nr. 003326974-0002 mit Priorität vom 1.8.2016 ("Chrystal Juno"):
((Abbildung))
((Abbildung))
Nr. 006408522-0012 mit Priorität vom 6.5.2019 ("Talos Moon"):
((Abbildung))((Abbildung))
Nr. 006408522-0002 mit Priorität vom 6.5.2019 ("Rundspiegel...1"):
((Abbildung))
((Abbildung))
Nr. 006408522-0003 mit Priorität vom 6.5.2019 ("Rundspiegel...2"):
((Abbildung))
((Abbildung))
Die Antragsgegnerin vertreibt unter anderem die im Tenor des angefochtenen Urteils abgebildeten Spiegel Nr. ... "horizontal" sowie die Modelle Nr. ... und ....
Mit Teilurteil vom 30.10.2020 hat das Landgericht der Antragsgegnerin untersagt, die nachfolgend eingeblendeten Spiegelmodelle anzubieten, in Verkehr zu bringen, einzuführen, zu benutzen und/oder zu einem der vorgenannten Zwecke zu besitzen (Bl. 206 d.A.):
((Abbildung))
((Abbildung))
Es hat damit den Verfügungsanträgen zu 2. a), e), und f) entsprochen. Die erste Bildzeile des Tenors entspricht dem Verfügungsantrag zu 2. a). Die beiden Bilder zeigen das Modell Nr. ... "horizontal" der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin ist der Ansicht, es verletze das GGM 003326974-0002 "Chrystal Juno" und das GGM 006408522-0012 "Talos Moon" (Antragsschrift S. 22, 27, Bl. 24, 29 d.A.).
Die zweite Bildzeile des Tenors entspricht dem Verfügungsantrag zu 2. e). Die dort eingeblendeten Rundspiegel betreffen das Modell ... der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin ist der Ansicht, es verletze das GGM 006408522-0002 "Rundspiegel...1" (Antragsschrift, Bl. 21 d.A.).
Die dritte Bildzeile des Tenors entspricht dem Verfügungsantrag zu 2. f). Die dort eingeblendeten Rundspiegel betreffen das Modell ... der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin ist der Ansicht, es verletze das GGM 006408522-0003 "Rundspiegel...2" (Antragsschrift, Bl. 22 d.A.).
Das Landgericht hat der Antragsgegnerin außerdem mit Versäumnis-Teilurteil vom 30.10.2020 die Verwendung weiterer Spiegelmodelle untersagt (Bl. 190 d.A.). Insoweit hat es den Verfügungsanträgen zu 1., 2. b), c) und d) entsprochen. Dagegen hat die Antragsgegnerin Einspruch eingelegt. Über den Einspruch konnte noch nicht entschieden werden, da die Antragsgegnerin die Erstrichterin als befangen abgelehnt hat und gegen die das Ablehnungsgesuch zurückweisende Entscheidung des Landgerichts noch eine Beschwerde anhängig ist. Diese Anträge sind daher nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Gegen die Beurteilung des Landgerichts in dem Teilurteil vom 30.10.2020 richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, den Ansprüchen der Antragstellerin stehe der Erschöpfungseinwand entgegen, da sie gegenüber dem Werk "A" den Eigenvertrieb nicht vollständig ausgeschlossen habe. Der Antragstellerin fehle es an der materiellen Berechtigung hinsichtlich der auf die Rundspiegel bezogenen Verfügungsmuster. Sie ist außerdem der Auffassung, die Verfügungsmuster seien mangels Neuheit und Eigenart nicht schutzfähig. Insoweit beruft sie sich im Berufungsverfahren zum vorbekannten Formenstand unter anderem auf Entgegenhaltungen nach den Anlagen B 01- B 04.
Wegen der weiteren Einzelhei...