Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Haftung des nach hessischem Landesbaurecht tätigen Prüfingenieurs

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 636

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Urteil vom 14.09.2012; Aktenzeichen 4 O 1614/09)

BGH (Aktenzeichen VII ZA 4/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 31.03.2016; Aktenzeichen III ZR 70/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten zu 2 wird das das am 14.9.2012 verkündete Urteil des LG Kassel (4 O 1614/09) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Teilversäumnisurteil vom 9.11.2009 wird aufgehoben und die gegen die Beklagte zu 1b gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen.

Der Beklagte zu 1a wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 114.192,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 50.000 EUR seit dem 23.10.2009 sowie aus 64.192,32 EUR seit dem 5.8.2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 1a verpflichtet ist, den Klägern als Gesamtgläubigern sämtliche weiter gehenden Aufwendungen und Schäden zu ersetzen, die deswegen entstanden sind oder entstehen, weil horizontale Querdruckkräfte des - auf die hintere hangseitige und auf die seitlichen Kellermauern drückenden - Hang-Erdreichs das gesamte Bauwerk verschoben haben.

Die weiter gehende Klage gegen den Beklagten zu 1a und die gegen den Beklagten zu 2 gerichtete Klage werden abgewiesen.

Die Berufung des Beklagten zu 1a und die Anschlussberufung der Kläger werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens haben die Parteien wie folgt zu tragen:

Von den Gerichtskosten des ersten Rechtszuges tragen der Beklagte zu 1a 35 % und die Kläger 65 %, von den Gerichtskosten des zweiten Rechtszuges der Beklagte zu 1a 43 % und die Kläger 57 %.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1b und des Beklagten zu 2 tragen die Kläger. Der Beklagte zu 1a hat von den außergericht-lichen Kosten der Kläger im ersten Rechtszug 35 %, von ihren außer-gerichtlichen Kosten im zweiten Rechtszug 43 % zu tragen; die Kläger tragen von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1a im ersten und zweiten Rechtszug 14 %; eine weiter gehende Kostenausgleichung findet nicht statt.

Das angefochtene Urteil ist, soweit die Berufungen zurückgewiesen wurden, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Das vor-liegende Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Voll-streckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 1b und der Beklagte zu 2 vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen nach dem Bau eines Einfamilienhauses von der mit der Erstellung des Kellers beauftragten Werkunternehmerin - einer inzwischen aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts -, von einem Gesellschafter dieser Werkunternehmerin und von dem beauftragten Prüfingenieur als Gesamtschuldnern Schadensersatz.

Den Klägern wurde am 14.10.2005 im vereinfachten Verfahren gem. § 57 der Hessischen Bauordnung in der Fassung vom 18.6.2002 (HBO 2002) eine Genehmigung für den Bau ihres Einfamilienhauses erteilt, u.a. mit der Auflage, die bautechnischen Nachweise vor Baubeginn bei der Bauaufsichtsbehörde vorzulegen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme teilweise abgewiesen und ihr im Übrigen stattgegeben:

Der von der Beklagten zu 1b gegen das Teilversäumnisurteil vom 9.11.2009 erhobene Einspruch sei zulässig und begründet. Die gegen sie gerichtete Klage sei unzulässig, weil die Beklagte zu 1b seit September 2008 nicht mehr existiere und daher nicht parteifähig i.S.d. § 50 ZPO sei. Eine bereits gelöschte Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei in einem auf Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen gerichteten Passivrechtsstreit nur dann parteifähig, wenn sie noch über Haftungsmasse verfüge und ein gegen sie zu erstreitender Titel damit Aussicht auf Durchsetzung habe.

Dass bei der Beklagten zu 1b noch Vollstreckungsmasse vorhanden sei, hätten die Kläger nicht dargelegt. Daher sei die gegen die Beklagte zu 1b gerichtete Klage unzulässig. Für die Austragung des Streits um ihre Prozessfähigkeit müsse die Beklagte zu 1b allerdings als parteifähig und ihr Einspruch gegen das Teilversäumnisurteil als zulässig angesehen werden. Nach allem sei auf ihren Einspruch hin das Teilversäumnisurteil aufzuheben und die gegen die Beklagte zu 1b gerichtete Klage als unzulässig abzuweisen gewesen.

Die gegen die Beklagten zu 1a und zu 2 gerichteten Klagen seien im tenorierten Umfang begründet.

Der Beklagte zu 1a schulde den Klägern als Gesellschafter der Beklagten zu 1b und als für ihr Gewerk zuständiger Bauleiter wegen Verletzung ihrer werkvertraglichen Pflichten gem. §§ 634 Nr. 4, 636, 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz.

Auch der Beklagte zu 2 hafte den Klägern nach werkver...

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