Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Rechtsnatur des Prozesszinsanspruchs sowie zu Darlehenskosten als Verzugsschaden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Erhebung der Klage auf Leistung von Kreditzinsen als Verzugsschaden neben der Hauptleistung bewirkt auch die Hemmung der Verjährung eines auf die Hauptleistung bezogenen Prozesszinsanspruchs.

2. Die Rechtskraft der Abweisung eines Antrags auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz weiterer Verzugsschäden steht weder der erstmaligen klageweisen Geltendmachung des verzugsunabhängigen Prozesszinsanspruchs noch, wenn durch Auslegung feststeht, dass mit Leistungs- und Feststellungsantrag getrennte Streitgegenstände vorliegen, der nach bedingter Abweisung mangels derzeitiger Fälligkeit erneuten klageweisen Geltendmachung eines bezifferten Verzugsschadens entgegen.

3. Eine mögliche Vermutung der Verzugskausalität privater Darlehensaufnahmen ist widerlegt, wenn bestimmte Umstände dafürsprechen, dass die Kreditaufnahme zur Deckung der Lebenshaltungskosten nicht erforderlich war.

 

Normenkette

BGB §§ 213, 280 Abs. 2, § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 4, § 291; ZPO § 322 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.09.2020; Aktenzeichen 2-23 O 180/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 30.09.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main (Az. 2-23 O 180/19) unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels und unter Zurückweisung der Berufung des Klägers teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 64.710,35 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 13% und der Kläger zu 87%.

3. Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des insgesamt gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckbaren Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Verzugsschadensersatz in Form von Darlehenskosten in Höhe 492.621,26 EUR wegen verspäteter Leistungen aus zwei Berufsunfähigkeitsversicherungen bei der Beklagten, aus denen, wie rechtskräftig festgestellt ist, dem Kläger im Zeitraum von März des Jahres 2000 bis August des Jahres 2010 Leistungen i.H.v. monatlich insgesamt 2.527,16 EUR und i.H.v. 1.202,30 EUR im Zeitraum September des Jahres 2010 bis November des Jahres 2010 zustanden (insgesamt 324.556,22 EUR), mindestens jedoch Prozesszinsen aus seiner diesbezüglichen Rechtsverfolgung.

Der Kläger verfolgte die genannten Ansprüche mit einer im April des Jahres 2000 bei dem Landgericht Frankfurt am Main anhängig gewordenen und mit Schriftsatz vom 13.09.2001 erweiterten Klage - Az. 3 U 211/11 - OLG Frankfurt am Main (vorgehend: Az. 2/21 O 153/00 - LG Frankfurt am Main), nachfolgend: "Bezugsverfahren" genannt - mit der er rückständige Versicherungsleistungen nebst Zinsen für den Zeitraum Juli 1998 bis August 2000 und Klage auf künftige Leistung der monatlich fällig werdenden Renten seit September 2001 begehrte.

Während des damaligen Rechtsstreits erster Instanz kündigte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 20.11.2008 an, die Versicherungsleistungen durch Darlehensaufnahmen substituieren zu müssen (Anlage K2.3). Die sodann - was streitig ist - abgeschlossenen Darlehensverträge enthalten folgende Zinsregelung (Auszug):

"Das Darlehen wird zunächst für die Dauer von 24 Monaten gewährt. Sollte jedoch früher als nach Ablauf von 24 Monaten nach Darlehensgewährung eine rechtskräftige Entscheidung zugunsten des (..) [Klägers] ergehen, wird die Rückzahlung des Darlehens fällig, sobald die Zahlungen des Lebensversicherers beim (..) [Kläger] vollständig eingehen. Das Darlehen wird vom (..) [Kläger] für die Dauer seiner Gewährung zunächst in den ersten 12 Monaten mit einem jährlichen Zinssatz von 18,4 % (...) p.a.-danach in den weiteren 12 Monaten mit einem jährlichen Zinssatz 21,78 % (...) p.a. verzinst. Die Zinsen werden erst nach einer rechtskräftigen Entscheidung des vorgenannten Rechtsstreits und Eingang der vollständigen Zahlung des Lebensversicherers beim (..) [Kläger] zur Zahlung fällig. Jeglicher Zinsanspruch entfällt jedoch im Falle des rechtskräftigen gerichtlichen Unterliegens des (..) [Klägers] in vorerwähntem Prozess. Sollte der (..) [Kläger] in der Hauptsache anteilig unterliegen, entfällt der Zinsanspruch im gleichen Verhältnis anteilig."

Die etwaigen Zinsansprüche traten die Darlehensgeber an den Kläger ab.

Mit einer Klageerweiterung vom 29.03.2011 begehrte der Kläger auch die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Darlehenskosten, die Feststellung der Nichtbeendigung der Versicherungsverträge durch Kündigung und schließlich die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, "dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger aufgr...

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