Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlöschen der Wiederholungsgefahr für Wettbewerbsverstoß bei Übernahme des in Anspruch genommenen Unternehmens durch Dritte im Wege der Anwachsung; Unwirksames Umgehungsgeschäft zur Vermeidung der Informationspflichten des § 312d BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Wird das Vermögen der ursprünglichen Verletzerin im Wege der Anwachsung von einer dritten Gesellschaft übernommen, erlischt wegen des höchstpersönlichen Charakters des Unterlassungsanspruchs die Wiederholungsgefahr für den Wettbewerbsverstoß. Dies gilt auch, wenn durch das Ausscheiden des letzten MItgesellschafters dieser das Vermögen ohne Liquidation im Wege der Anwachsung übernommen hat und die ursprüngliche Gesellschaft erloschen ist.
2. Den neuen Unternehmensinhaber kann eine originäre Haftung aus § 8 Abs. 2 UWG im Hinblick auf die früher begangenen Wettbewerbsverstöße von Mitarbeitern oder Beauftragten treffen. Dafür muss in der Person der betreffenden Mitarbeiter oder Beauftragten eine Erstbegehungsgefahr bestehen. Die bloße Tatsache der Fortführung des Betriebes mit identilschem Personal reicht dafür nicht aus.
3. Die zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führenden Umstände stehen jedoch einem Anspruch auf Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Kosten gegen den neuen Unternehmensinhaber nicht entgegen, weil es sich bei dem Abmahnkostenersatzanspruch nicht um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt. Er geht vielmehr durch die Anwachsung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den neuen Unternehmensinhaber über.
4. Zu einem Verstoß gegen die Informationspflichten nach § 312d BGB bei Vorliegen eines Fernabsatzgeschäfts nach § 312c BGB.
5. Zum Vorliegen eines Umgehungsgeschäfts, wenn ein Vertrag dem ersten Eindruck nach über das Internet geschlossen wird, sich aus den AGB aber ergibt, dass es sich nur um eine "Reservierung" handeln und der Vertrag erst "in einem persönlichen Gespräch" geschlossen werden soll.
Normenkette
BGB §§ 31, 312c, 313c; UWG §§ 3a, 8
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.08.2019; Aktenzeichen 3-10 O 123/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgericht Frankfurt am Main vom 9.8.2019 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 831,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 20.1.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf 54.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Pflicht zur Erfüllung von Informationspflichten in Fernabsatz sowie im elektronischen Geschäftsverkehr.
Die Klägerin vertreibt Whirlpools, Saunen und Wannen, sowohl im Wege des Fernabsatzes als auch über ein stationäres Ladengeschäft.
Die ursprüngliche Beklagte (A GmbH & Co. KG) ist am 25.7.2018 erloschen. Deren Kommanditanteile wurden - vor Klageerhebung - auf die neu gegründete jetzige Beklagte übertragen, sodann ist die Komplementärin ausgeschieden.
Auf der von der ursprünglichen Beklagten betriebenen Internetseite wurde ein Whirlpool unter Angabe des Preises von 38.799,- EUR beworben, wobei nicht angegeben wurde, ob dieser Preis die Mehrwertsteuer enthielt oder nicht. Sie eröffnete den angesprochenen Verkehrskreisen die Möglichkeit, über diese Webseite einen dieser Whirlpools vorab zu bestellen bzw. zu reservieren. Hierfür füllte der Kunde am unteren Seitenende der Webseite das von der Beklagten bereitgestellte Kontaktformular aus und wählte die Option "verbindlich" oder "unverbindlich". Bei einer verbindlichen Vorbestellung des Whirlpools sollte der Kunde oder Händler zum offiziellen Verkaufsstart des Whirlpools einen Rabatt von 10 % erhalten. Nach Ausfüllen des Formulars musste der Kunde bzw. Händler einen Button mit der Bezeichnung "Absenden" anklicken. Hierauf erhielt er - was vorher nicht erkennbar war - eine E-Mail, aus der er entnehmen konnte, dass durch die Reservierung allein noch kein Vertrag geschlossen werde, sondern der verbindliche Vertrag erst durch ein persönliches Gespräch zustande komme. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage CF 4 Bezug genommen.
Die Klägerin erwirkte nach einer vorherigen Abmahnung vom 5.1.2018 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main, die durch den Senat bestätigt wurde. Ein von der Klägerin am 2.7.2018 versandtes Abschlussschreiben führte nicht zur Abgabe einer Abschlusserklärung.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 9.8.2019, auf das gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Beklagte antragsgemäß zur Un...