Entscheidungsstichwort (Thema)
Unebenheit eines Plattenbelags in einer Fußgängerzone
Normenkette
BGB § 823
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.02.2001; Aktenzeichen 2/4 O 336/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.2.2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung ist nicht begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen des Sturzes am 12.11.1998 kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Sturz auf einer Verletzung der Straßenverkehrssicherungspflicht der Beklagten beruht (§§ 823, 847 BGB).
Allerdings besteht aufgrund der persönlichen Anhörung der Klägerin kein Zweifel daran, dass diese am 12.11.1998 im Bereich der Fußgängerzone der „Z.” wegen einer Unebenheit des Plattenbelags stürzte. Ob sich dieser Sturz im Bereich zwischen dem Kaufhaus H. und dem (damaligen) Kaufhaus A. – wie die Klägerin in der Klageschrift behauptete – oder im Bereich zwischen den Kaufhäusern A. und P. & C. – wie die Klägerin bei ihrer Anhörung am 3.6.2002 behauptete – ereignete, ist rechtlich ohne Belang. Für beide Bereiche ist die Beklagte straßenverkehrssicherungspflichtig. Die Haftung der Beklagten scheitert jedoch daran, dass nicht festgestellt werden kann, dass der Niveauunterschied im Plattenbelag der „Z.” so erheblich war, dass er von der Beklagten im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht hätte beseitigt werden müssen.
Der Verkehrssicherungspflichtige hat Verkehrsteilnehmer vor den von der Straße ausgehenden und bei ihrer zweckgerechten Benutzung drohenden Gefahren zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass die Straße sich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befindet, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt. Dies bedeutet allerdings nicht, dass eine Straße schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein muss. Eine vollständige Gefahrlosigkeit der Straße und ihrer Benutzung kann mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht und vom Verkehrsteilnehmer auch nicht erwartet werden. Auch der Fußgänger muss bei Benutzung eines Bürgersteiges oder einer Fußgängerzone mit gewissen Unebenheiten rechnen und sich darauf einstellen (BGH BB 1967, 229; OLG Hamm NJW-RR 1987, 412; OLG Düsseldorf VersR 1996, 518; v. 3.12.1992 – 18 U 214/92, OLGReport Düsseldorf 1993, 223 = VersR 1993, 1416; OLG Koblenz v. 29.10.1992 – 3 U 1844/91, MDR 1992, 1127 = VersR 1993, 1417). Im Bereich von Gehwegen hat die Rspr. Unebenheiten von nicht mehr als 2 cm vielfach als eine von Fußgängern hinzunehmende Gefahr, mit der stets gerechnet werden müsse, angesehen (OLG Düsseldorf v. 3.12.1992 – 18 U 214/92, OLGReport Düsseldorf 1993, 223 = VersR 1993, 1416; BGH VersR 1967, 281 [282]; OLG Hamm NJW-RR 1987, 412 [413]). Bei Vorliegen besonderer Umstände – etwa bei Ablenkung des Fußgängers durch die Auslagen von Schaufenstern oder innerhalb eines Einkaufszentrums – wurde auch ein Höhenunterschied von nur 1,5 cm als eine vom Verkehrssicherungspflichtigen zu beseitigende Gefahr für den Verkehrsteilnehmer angesehen (BGH VersR 1967, 281 [282]; OLG Köln v. 28.6.2000 – 22 W 22/00, OLGReport Köln 2000, 442 = NJW-RR 2001, 457 [458]).
Hier kann offen bleiben, ob für die (nicht mehr genau lokalisierbare) Unfallstelle im Fußgängerbereich der „Z.” ein Höhenunterschied von nur 1,5 cm im Plattenbelag eine von der Beklagten zu beseitigende Gefahr darstellt. Selbst wenn man diese Frage bejaht, haftet die Beklagte nicht für die Folgen des Sturzes der Klägerin. Es steht nicht fest, dass im Unfallbereich eine Höhendifferenz im Plattenbelag von mindestens 1,5 cm bestand. Vielmehr kommt in Betracht, dass die Klägerin wegen einer Höhendifferenz von weniger als 1,5 cm, die keine von der Beklagten zu beseitigende Gefahrenstelle darstellte, stürzte.
Für das Vorhandensein einer vom Verkehrssicherungspflichtigen zu beseitigenden Gefahr im Unfallzeitpunkt spricht nicht schon die Tatsache selbst, dass die Klägerin, die zur Unfallzeit 70 Jahre alt war, stürzte. Es ist allgemein bekannt, dass ein Fußgänger auch bei einer Bodenunebenheit von weniger als 1,5 cm stolpern und zu Fall kommen kann. Die Klägerin konnte aus eigener Wahrnehmung keine Angaben über die Höhendifferenzen im Bereich der Unfallstelle machen. Für das Vorhandensein einer zu beseitigenden Gefahrenstelle spricht allein das Schreiben des inzwischen verstorbenen Herrn D., vom 15.6.2000 an die F. (Bl. 8 d.A.), in welchem Herr D. der die Klägerin begleitet hatte, angab, dass eine der Platten „einige cm aus dem Boden” herausgeragt habe. Gegen die Richtigkeit dieser Angaben bestehen jedoch Bedenken. Zweifel ergeben sich daraus, dass in dem Begehungsbuch als Ergebnis der Begehungen am 22.10.1998, am 12.11.1998 und am 17.11.1998 – also sowohl vor als auch nach dem Unfallzeitpunkt – im Bereich der Z. an jeweils mehreren Stellen lose oder hoch stehe...